Die EU-Kommission und europäische Normungsorganisationen zeigen derzeit ein steigendes Interesse daran, eine mögliche Rolle der Normung von Gesundheits- und Sozialdienstleistungen zu untersuchen. Seit dem Inkrafttreten der Normen-Verordnung 1025/2012 kann die EU-Kommission Normungsinstitute mit der Erstellung von Normen im Dienstleistungsbereich beauftragen. Deswegen überrascht es auch nicht, dass die Brüsseler Behörde seit 2013 die Normung von Gesundheitsdienstleistungen in ihrem Arbeitsprogramm zur europäischen Normung erwähnt.

05/2016

Strategische Prioritäten sieht die EU-Kommission derzeit insbesondere in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie im Bereich der Dienstleistungen. In Bezug auf die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes stehen dabei elektronische Gesundheitsdienste zur Sicherstellung von Patientenrechten in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung sowie der barrierefreie Zugang zu Webseiten öffentlicher Stellen auf der Agenda. Hierzu sind in Kürze Aktivitäten, darunter auch Regelungsaufträge an das Europäische Normungsinstitut (CEN), geplant. Auch zur Entwicklung sogenannter Gesundheits-Apps sollen Standards entwickelt werden.  

 

Ferner nehmen die Anträge zur Entwicklung von Normen über nationale Normungsinstitute seit Beginn dieses Jahres zu. So liegen CEN zwei Normungsanträge aus Schweden zu sozialen Dienstleistungen im Bereich der Pflege vor. Des Weiteren strebt das CEN die Errichtung einer „Fokusgruppe Gesundheitsdienstleistungen“ an, um herauszufinden, auf welchen Gebieten sich hier Normung lohnt. Dabei sind bislang medizinische Behandlungsleistungen ausgenommen. 

Die Deutsche Sozialversicherung sieht derartige Bestrebungen sehr kritisch und hat sich deswegen bereits im vergangenen Jahr mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Die DSV-Spitzenorganisationen unterstreichen darin die Besonderheit von Gesundheits- und Sozialdienstleistungen. Im Gegensatz zu rein wirtschaftlichen Dienstleistungen würden sie am Menschen erbracht und seien deswegen individuell einer bestimmten Person und ihrer Situation angepasst. Vor allem sei jedoch eine Förderung der Qualität von Gesundheits- und Sozialdienstleistungen durch Normen nicht notwendig, da diese Aufgabe in Deutschland durch die Sozialversicherungsträger selbst erfüllt werde. Insoweit erinnern die DSV-Spitzenorganisationen an die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer nationalen Gesundheits- und Sozialsysteme geeignete Mechanismen zu entwickeln.  

 

Auch auf internationaler Ebene gewinnt das Thema Normung von Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen an Bedeutung; so gibt es aktuell einen Antrag des US-amerikanischen Normungsinstituts ANSI zur Einrichtung eines ISO-Komitees, das sich mit dem Thema „Verwaltung im Gesundheitswesen" befassen soll. Die Deutsche Sozialversicherung wird auch weiterhin die dahingehenden Bestrebungen kritisch beobachten und begleiten.  

 

Siehe Stellungnahme: 

http://www.deutsche-sozialversicherung.de/de/europa/dokumente/dl1/12-10-2015%20DSV-Stellungnahme%20zur%20Normung%20von%20Gesundheits-%20und%20Sozialdienstleistungen.pdf