Mit der Wahl des neuen Präsidiums ist das Ende der „Großen Koalition“ der beiden größten Fraktionen im Europäischen Parlament sichtbar geworden. Evelyne Gebhardt (S&D), Rainer Wieland (EVP) und Alexander Graf Lambsdorff (ALDE) sind drei deutsche von 14 Vizepräsidenten.

AD – 01/2017

Das Europäische Parlament wählte am 17. Januar 2017 Vizepräsident Antonio Tajani (63) zu seinem neuen Präsidenten. Der Italiener aus der EVP-Fraktion war 1993 einer der Gründer der konservativen Forza Italia und 1994 Pressesprecher des Kabinetts Berlusconi. Er wurde 1994 erstmals in das Europäische Parlament gewählt. Von 2008 bis Februar 2010 war er EU-Kommissar für Verkehr und danach bis Mai 2014 für Unternehmen und Industrie. Tajani versprach den Abgeordneten in seiner Bewerbungsrede, dass er seine Funktion im Gegensatz zu seinem Vorgänger Schulz für das Parlament in Gänze und unpolitischer ausüben wolle, womit gemeint ist, dass die politischen Kräfte des Parlaments traditionell von den Fraktionen und nicht vom Präsidium gelenkt werden. 

Unter den am 18. Januar 2017 gewählten 14 Vizepräsidenten sind auch drei deutsche Abgeordnete: Evelyne Gebhardt (SPD) und Rainer Wieland (CDU) kommen beide aus Baden-Württemberg und sind in der überparteilichen Europa-Union engagiert. Gebhardt ist Landesvorsitzende in ihrem Bundesland und Wieland ist Präsident der Europa-Union Deutschland. Darüber hinaus wurde Alexander Graf Lambsdorff aus Nordrhein-Westfalen zu einem der Vizepräsidenten gewählt. 

Mit dem Wechsel von MdEP Martin Schulz (SPD) in die deutsche Politik dürfte sich nach Brüsseler Expertenmeinung vieles in der bisherigen Politik verändern. Das aus dem Europawahlergebnis 2014 „geborene“ Spitzenduo Juncker/Schulz, ergänzt um den EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber (CSU), garantierte weitestgehend geräuschlose parlamentarische Abläufe in einer „Großen Koalition“ der beiden größten Parlamentsfraktionen, auch um den Preis oft fehlender echter parlamentarischer Debatten.