Richtwerte sollen es richten

Dr. WSW – 04/2017

Neue Wege zur Evaluierung der öffentlichen Rentenausgaben

Am 20. März 2017 haben sich die 19 Mitglieder der Euro-Gruppe auf einen neuen Weg zur vergleichenden Evaluierung der öffentlichen Rentenausgaben verständigt. Um die langfristig nachhaltige Finanzierbarkeit sicherzustellen, werden mit Hilfe von sechs Indikatoren so genannte „Benchmarks“ aufgestellt, die sich an den „Besten“ orientieren. Zusammen mit vorbildlicher Praktiken sollen sie den Mitgliedstaaten der Euro-Zone Vorgaben für ihre Rentenreformen liefern, auch wenn sie pro forma nicht verbindlich sind.  

Sechs Indikatoren sollen helfen

Die Indikatoren bestehen aus einem Set von zwei fiskalischen Schlüsselindikatoren und vier flankierenden Hilfsindikatoren, um den länderspezifischen Besonderheiten gerecht zu werden. Ein besonderes Gewicht wird dabei auf die Existenz automatischer Anpassungsmechanismen gelegt. Die Projektion künftiger Entwicklungen soll durch Szenarien mit ungünstigen makroökonomischen oder demographischen Rahmenbedingungen ergänzt werden. Nicht zuletzt soll auch die Entwicklung der Angemessenheit der Renten im Auge behalten werden. 

 

Der erste Schlüsselindikator beschreibt in Form der Ausweisung einer bezifferten „Lücke“ die fiskalischen Anstrengungen, die erforderlich sind, um den Schuldenstand innerhalb von 15 Jahren auf 60% des BIP zurückzuführen. Die wegen einer alternden Gesellschaft zu erwartenden zusätzlichen Ausgaben sollen dabei berücksichtigt werden. Insbesondere soll der Beitrag der Rentenausgaben zu dieser „Lücke“ beziffert werden. 

 

Der zweite Schlüsselindikator ähnelt dem ersten, nur ist diesmal der gewählte Zeithorizont „unendlich“.  

 

Die flankierenden Indikatoren beginnen mit einer vergleichenden Beschreibung des gesetzlichen Rentenalters und seiner Entwicklung. Der zweite Hilfsindikator soll einen Einblick in das tatsächliche Renteneintrittsalter geben und verwendet hierzu das Alter, in dem die Menschen den Arbeitsmarkt verlassen. Der dritte Indikator beschreibt den Anteil der Rentner an den über 65-Jährigen („coverage ratio“), und der vierte Indikator vergleicht die Durchschnitts-Renten mit den Durchschnitts-Gehältern („Pension benefit ratio“). 

Benchmark-Verfahren ab 2018

Das Benchmark-Verfahren soll im Jahr 2018 starten und dann alle drei Jahre wiederholt werden. Es fügt sich in das bereits vorhandene institutionelle Umfeld ein, insbesondere in den Altersbericht („Ageing Report“) der Europäischen Kommission und die Bewertung der nationalen Stabilitätsprogramme. Das Benchmark-Verfahren „Nachhaltige Renten“ ist das zweite seiner Art. Das erste hatte den so genannten „Steuerkeil auf Arbeit“ zum Gegenstand und startete im September 2015. Im Prinzip geht es dabei um den Unterschied zwischen Brutto- und Nettolohn unter Berücksichtigung von Sozialabgaben.