Der technische Wandel soll als Schlüssel zur Neugestaltung Europas fungieren. Teil der europäischen digitalen Binnenmarktstrategie ist auch die Digitalisierung von Gesundheits- und Pflegediensten sowie die Modernisierung öffentlicher Dienste.

MS – 05/2017

Mit ihrer Halbzeitbewertung zur Strategie für einen digitalen Binnenmarkt hat die Kommission im Mai 2017 erneut den Fokus auf die Notwendigkeit gelenkt, den digitalen Binnenmarkt zu vollenden. Neben einer europäischen Datenwirtschaft, Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit und Online-Plattformen sind auch die Digitalisierung von Gesundheits- und Pflegediensten sowie die Modernisierung öffentlicher Dienste einer der Prioritäten der Kommission.  

Digitalisierung der Gesundheits- und Pflegedienste

Die Europäische Kommission sieht in der Digitalisierung öffentlicher Gesundheitsdienste das Potenzial, die Gesundheitsversorgung wirkungsvoller und kosteneffizienterer zu gestalten. Auch Modelle, die einen Übergang von krankenhausgestützen zu einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung, z.B. durch Home-Monitoring, können damit vorangetrieben werden. 

 

Die Brüsseler Behörde wird sich deswegen in den nächsten Wochen intensiver mit der Notwendigkeit und dem Umfang weiterer Maßnahmen im Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung und Pflege, den Rechten von Patientinnen und Patienten sowie der elektronischen Identitätsfeststellung beschäftigen und ihre Vorstellungen im Rahmen einer für Ende des Jahres 2017 angekündigten Mitteilung darlegen. Darin wird sie die Mitgliedstaaten weiter ermutigen, Patientinnen und Patienten einen sicheren Zugang zu elektronischen Patientenakten und die Verwendung von elektronischen Rezepten grenzüberschreitend zu ermöglichen. Hierfür befindet sich bereits eine interoperable eHealth-Infrastruktur im Aufbau, mit der die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, medizinische Informationen auf elektronischem Wege auszutauschen (mehr hierzu in der Meldung Digitale Gesundheit: eHealth Week 2017 kompakt). 

 

Darüber hinaus sollen Dateninfrastrukturen geschaffen werden, um das Potenzial von Big Data im Gesundheitsbereich zu erschließen. Fortschrittliche Datenanalysen sind insbesondere in den Bereichen personalisierte Medizin und der Früherkennung neuer Infektionskrankheiten von Relevanz. Auch die Europäischen Referenznetzwerke (ERN) zeigen auf, wie wichtig es ist, spezialisierte Gesundheitsdienstleister mit Daten zu vernetzen, wenn es um seltene Erkrankungen geht (siehe zum Thema ERN die Meldung aus 12/2016).  

Modernisierung öffentlicher Dienste

Mit Hilfe eines „eGovernment-Aktionsplan“ werden Mitgliedstaaten aufgefordert, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben. Bürgern soll ein einfacher, zuverlässiger und nahtloser Zugang zu öffentlichen Diensten ermöglicht werden. Dabei soll der Grundsatz der „einmaligen Erfassung“ oder „standardmäßig digital“ angewendet werden. Elektronische Vergabeverfahren sollen ebenfalls eine Vorreiterrolle einnehmen.  

Aufbau einer europäischen Datenwirtschaft

Hinter der Idee der „Ausschöpfung des vollen Potenzials der europäischen Datenwirtschaft“ steht vor allem die Etablierung eines freien Datenverkehrs innerhalb der EU. Dabei unterscheidet die Europäische Kommission zwischen personenbezogenen Daten, zum Beispiel Gesundheitsdaten, und nicht-personenbezogenen Daten. 

 

Für personenbezogene Daten gelten harmonisierte Vorschriften in der EU, so zum Beispiel in Form der Datenschutz-Grundverordnung. Darin hat die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten für die Verarbeitung bei der Implementierung des neuen Rechts Raum für Spezifikationsklauseln bei Gesundheitsdaten gelassen. So können die Mitgliedstaaten zusätzliche Bedingungen bei der Verwendung von genetischen und biometrischen Gesundheitsdaten auferlegen. Die Europäische Kommission kündigt jedoch an, zu prüfen, ob der freie Verkehr von personenbezogenen Daten innerhalb der Union dadurch nicht unangemessen eingeschränkt wird.  

 

Für die Datenwirtschaft bereitet die Europäische Kommission aktuell eine Rechtsetzungsinitiative zum „grenzüberschreitenden freien Fluss nicht personenbezogener Daten“ vor, die im Herbst dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Darüber hinaus wurde für Frühjahr 2018 eine Initiative zur Zugänglichkeit und Weiterverwendung öffentlicher und öffentlich finanzierter Daten angekündigt.  

Weitere Prioritäten

Im Bereich der Cybersicherheit wird die Europäische Kommission bis September 2017 die europäische Cybersicherheitsstrategie und den Auftrag der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) überprüfen, um diese an den neuen EU-weiten Rahmen für Cybersicherheit anzupassen. Im Bereich der Online-Plattformen will die Kommission bis Ende 2017 eine Initiative gegen missbräuchliche Vertragsklauseln und unlautere Handelspraktiken starten; diese soll den Feststellungen Rechnung tragen, die unlängst in den Beziehungen zwischen Plattformen und Unternehmen festgestellt wurden.  

Europäer glauben an positiven Effekt der digitalen Technik

Zusätzlich veröffentliche die Kommission einen Eurobarometer über die Auswirkungen der Digitalisierung im täglichen Leben der Bürgerinnen und Bürger. Demnach glauben 2/3 der Europäer, dass die Nutzung der neuesten digitalen Technik sich positiv auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und ihr eigenes Leben auswirken wird. Jedoch erwartet auch die Mehrheit der Befragten von der EU, den Mitgliedstaaten und den Unternehmen, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die offensichtlichen Probleme der Digitalisierung (z. B. die Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsicherheit) zu beherrschen. 

Wie geht es weiter?

Für die Umsetzung der angedachten Strategien gibt die Kommission dem Europäischen Rat eine Schüsselrolle. Die Staats- und Regierungschefs sollen für die erforderliche Dynamik und eine zeitgerechte Annahme und Umsetzung der Vorschläge gewährleisten.  

 

Die Mitteilung der Kommission über die Halbzeitüberprüfung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt ist hier verfügbar.  

 

Die Übersicht über die von der Kommission gemachten Vorschläge finden Sie hier. 

 

Die Eurobarometer-Umfrage ist hier verfügbar.