Bis Ende 2018 möchte Kommissionspräsident Juncker seine Pläne zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde vorlegen. Eine Europäische Sozialversicherungsnummer soll das Projekt unterstützen.

GD/AD – 10/2017

In seiner „Rede zur Lage der Union“ hat Kommissionspräsident Juncker deutlich gemacht, warum Europa eine Europäische Arbeitsbehörde braucht. Die neue Behörde solle sicherstellen, dass „alle EU-Vorschriften zur Arbeitskräftemobilität auf gerechte, einfache und wirksame Art und Weise durchgesetzt werden“. Zur Begründung verwies Juncker seinerzeit auf „rund 16 Millionen Europäerinnen und Europäer“, die in einem Mitgliedstaat lebten, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besäßen. Weiterhin gäbe es 1,7 Millionen Berufspendler. Es gäbe ja bereits eine Bankenaufsichtsbehörde zur Überwachung der Einhaltung der Bankstandards. Entsprechendes solle auch für die Arbeitsbehörde in ihrem Handlungsfeld gelten. 

 

Darüber hinaus soll sich die neue Behörde um die Bekämpfung des Missbrauchs der Arbeits- und Sozialgesetzgebung sowie der Organisation gemeinsamer grenzübergreifender Kontrollen kümmern. Schließlich soll sie – aufbauend auf bestehenden Einrichtungen und Strukturen – für die Verbesserung des Managements grenzübergreifender und gemeinsamer Aktivitäten zuständig sein, so zum Beispiel auch im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. 

Die Einrichtung einer zusätzlichen „Agentur", die neben die nationalen Arbeitsverwaltungen treten soll, geht nach Meinung mancher Sachkenner am eigentlichen Problem der EU-Arbeitsmarktsituation vorbei. Dort seien nämlich infolge jahrelanger Massenarbeitslosigkeit und Überschuldung zahlreicher Volkswirtschaften mit ihren negativen Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte insbesondere diejenigen Organisationen in Schwierigkeiten, die das ökonomische Risiko der Arbeitslosigkeit durch Leistungen auffangen müssen. 

Aus anderen Quellen wird – ob von Präsident Juncker unabhängig oder lose verbunden, sei dahingestellt – schon von einer Vereinheitlichung der Arbeitslosigkeitsversicherung gesprochen bzw. diese auch gefordert. Bei einer EU-Einwohnerschaft von rund 500 Millionen Menschen sind 1,7 Millionen Grenzgänger, wiewohl bedeutsam, so jedoch für qualifizierte nationale Sozial- und Steuerverwaltungen kein wirkliches Problem. Die benannten rund 16 Millionen Menschen, die in einem anderen Staat leben, dessen Staatsbürgerschaft sie nicht besitzen, seien schließlich administrativ vermutlich weitgehend integriert, sei dies als Wanderarbeitnehmer, „Mallorca-Rentner“ oder Studenten. 

Lediglich im Bereich der Drittstaatsangehörigen könne es – vermehrt nach dem Beginn der Migrationswellen von 2015 – in Einzelfällen Probleme geben, die jedoch primär im betroffenen Nationalstaat zu lösen wären, so die Meinung von nicht wenigen Kritikern. Dies gelte durchweg für aufenthaltsrechtliche Fragen sowie für den Zugang zu Fürsorgeleistungen. Das eigentliche Problem für den EU-Arbeitsmarkt und die mit dem Risiko „Arbeitslosigkeit“ verknüpften Sozialversicherungsleistungen seien dann auch nicht so sehr die entsprechend qualifizierten und sprachlich versierten Personen. Für sie gebe es kaum nennenswerte Hindernisse im Zugang zur Arbeitsplätzen jenseits der Grenzen. Vielmehr stünden in vielen EU-Mitgliedstaaten leere Kassen der heimischen Sozialverwaltungen hierbei im Fokus. Da wäre mit einer „einheitlichen“ Sozialversicherungsnummer bei großem bürokratischen Aufwand wohl nur wenig geholfen, meinen Kritiker, die das Vorhaben negativ einschätzen. 

 

Das Projekt einer Europäischen Sozialversicherungsnummer hatte Juncker bereits im Reflexionspapier zur sozialen Dimension Europas angeführt. Seinerzeit diente es als ein Beispiel, dass auf dem Weg zu einem „Mehr“ an Europa angestrebt werden könnte, um gemeinsame Regeln bzw. Standards einzuführen. 

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