Nach den Plänen der EU-Kommission soll die Bewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten künftig auf europäischer Ebene erfolgen.

MS – 01/2018

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt, mit dem die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien neu organisiert werden soll. Künftig soll eine gemeinsame Bewertung von Gesundheitstechnologien, insbesondere bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, verpflichtend auf europäischer Ebene erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollen EU-weit auf gemeinsame Instrumente, Methodiken und Verfahren zurückgreifen können und in folgenden vier Kernbereichen zusammenarbeiten: 

 

1) bei gemeinsamen klinischen Bewertungen mit dem Schwerpunkt auf den innovativsten Gesundheitstechnologien, die für die Patienten am erfolgversprechendsten sind;  

2) bei gemeinsamen wissenschaftlichen Konsultationen, die es den Entwicklern ermöglichen, den Rat der HTA-Behörden einzuholen;  

3) bei der Ermittlung neu entstehender Gesundheitstechnologien, damit erfolgversprechende Technologien frühzeitig erkannt werden;  

4) bei der fortdauernden freiwilligen Zusammenarbeit in anderen Bereichen. 

Einschätzung der zuständigen EU-Kommissare

Vize-Präsident Katainen sagte hierzu: „Durch die verstärkte EU-weite Zusammenarbeit bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien können wir die Innovationstätigkeit fördern und unsere medizintechnische Industrie wettbewerbsfähiger machen. Mit seinem Anteil von rund 10 % am BIP der EU ist der Gesundheitssektor ein sehr bedeutsamer Teil unserer Wirtschaft. Der von uns vorgeschlagene Regulierungsrahmen wird den Patientinnen und Patienten in ganz Europa zugutekommen; gleichzeitig wird er Innovationen fördern, dafür sorgen, dass hochwertige medizintechnische Innovationen auch genutzt werden, und die Gesundheitssysteme in der gesamten EU tragfähiger machen.“ 

 

Der für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige Kommissar Vytenis Andriukaitis fügte hinzu: „Die Kommission hat heute die Voraussetzungen für eine höherwertige und innovative Gesundheitsversorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten geschaffen; diese wird insbesondere denjenigen zugutekommen, deren medizinische Versorgung bisher unzureichend ist. Ich gehe auch davon aus, dass die Mitgliedstaaten dank dieser Initiative ihre Ressourcen effizienter nutzen können, indem sie diese bündeln und Fachwissen untereinander austauschen, sodass ein und dasselbe Produkt nicht mehrfach bewertet wird.“ 

Einschätzung der GKV

Schwierig scheint aus Sicht der GKV eine schnelle Festlegung auf gemeinsame Bewertungen angesichts der europaweit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen bei der Folgebewertung von Arzneimitteln. Unter den Mitgliedstaaten gibt es erhebliche Unterschiede – sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Methodik der Bewertungsansätze. Während einige Länder wie Deutschland ihre Entscheidungen auf der evidenzbasierten Medizin und der Einschätzung des medizinischen Nutzens bzw. Zusatznutzens eines Wirkstoffs aufbauen, stellen andere Länder, wie beispielsweise die Niederlande oder Schweden, auf eine Kosten-Nutzen-Bewertungen ab. Je nachdem welchen Ansatz man verfolgt, führt das z. B. zu einer anderen Auswahl von Vergleichsgrößen bei neuen Arzneimitteln und zu einer anderen Bewertung von patienten-relevanten Endpunkten.  

 

„Im Moment ist nicht erkennbar, wie eine europaweit verbindliche Nutzenbewertung ausgestaltet werden könnte, ohne in einzelnen Ländern zu massiven Friktionen zu führen“, so Johann-Magnus v. Stackelberg, stellv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. „Erst wenn Methodik, Ergebnisdarstellung, Transparenz der Datengrundlage, Zeitpläne sowie Qualität der Bewertungen geeint sind, hätte man eine Basis über eine verpflichtende Übernahme zu reden. Bis dahin können wir uns allenfalls eine freiwillige Teilnahme vorstellen.“  

Nächste Schritte

Der Vorschlag wird nun vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat beraten. Die Verordnung soll drei Jahre ab dem Zeitpunkt ihrer Annahme und ihres Inkrafttretens anwendbar sein. Den Mitgliedstaaten sollen weitere drei Jahre nach dem Geltungsbeginn der Verordnung eingeräumt werden, damit sie sich schrittweise auf das neue System umstellen können.  

 

Die Vorschläge der Kommission finden Sie hier.  

Die Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes finden Sie hier