Die EU-Kommission legt ihre dritte Änderungsrichtlinie vor und befragt die Öffentlichkeit hierzu.

SW – 04/2018

Am 5. April hat die EU-Kommission eine weitere Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit auf den Weg gebracht und Grenzwerte für die Exposition gegenüber folgenden fünf weiteren Stoffen vorgeschlagen: 

 

  • Cadmium und seine anorganischen Verbindungen; 
  • Beryllium und anorganische Berylliumverbindungen; 
  • Arsensäure und ihre Salze sowie anorganische Arsenverbindungen; 
  • Formaldehyd; 
  • 4,4′-Methylenbis(2-chloranilin) (MOCA). 

 

Die drei zuerst genannten Stoffe werden z. B. bei der Cadmium-Produktion und -Raffination, der Herstellung von Nickel-Cadmium-Akkumulatoren, dem mechanischen Plattieren, der Zink- und Kupferverhüttung, in Gießereien, bei der Glasherstellung, in Laboren, der Elektronik-, Chemikalien-, Bau- und Gesundheitsbranche, sowie bei der Kunststoffherstellung und im Recyclingprozess eingesetzt. 

Mit der Initiative möchte die Kommission folgende Ziele erreichen: 

 

  • Reduzierung der berufsbedingten Exposition gegenüber Karzinogenen und Mutagenen in der Europäischen Union; 
  • Steigerung der Wirksamkeit des EU-Rahmens durch eine auf wissenschaftlicher Expertise beruhende Aktualisierung; 
  • Verwirklichung eines ausgewogeneren Schutzes der Arbeitnehmer in der EU vor Karzinogenen, indem zugleich für mehr Klarheit und gleiche Ausgangsbedingungen für Wirtschaftsteilnehmer gesorgt wird. 

Wie ist der Nutzen des Änderungsvorschlags einzuschätzen?

Die Grenzwerte legen die Höchstkonzentration fest, in der eine krebserzeugende Chemikalie in der Luft am Arbeitsplatz vorhanden sein darf. Durch die Einführung dieser Grenzwerte hofft die Kommission nicht nur eine geringere Zahl arbeitsbedingter Krebserkrankungen erreichen zu können, sondern auch andere gravierende gesundheitliche Probleme einzudämmen, die durch Karzinogene und Mutagene hervorgerufen werden.  

 

Insgesamt geht die Kommission davon aus, dass der vorgelegte Entwurf für über eine Million Arbeitnehmer zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen führen werde und mehr als 22.000 arbeitsbedingte Krankheitsfälle verhindert würden. Krebs sei mit einem Anteil von 52% die häufigste Ursache für arbeitsbedingte Todesfälle. Der Änderungsvorschlag werde vor allem für eine Verbesserung der Lebensqualität der Arbeitnehmer und ihrer Familien sowie für geringere direkte und indirekte individuelle Krankheitskosten sorgen.  

 

Aber auch für die Arbeitgeber und die Träger der Sozialversicherung sieht die Kommission Vorteile. So würden Arbeitgeber von weniger Fehlzeiten und geringeren Produktivitätsverlusten profitieren. Eine Reduzierung der Kosten für Behandlungen sowie geringere Ausgaben für Nichterwerbstätigkeit und Entschädigungszahlungen für Berufskrankheiten werde sich auch positiv auf die Systeme der sozialen Sicherheit auswirken.  

 

Eine im Auftrag der Kommission durchgeführte Studie ergab zum Beispiel, dass konkret folgende Vorteile für die verschiedenen Interessenträger zu erwarten seien durch die Einführung eines Arbeitsplatzgrenzwerts 

 

  • für Formaldehyd: 1 bis 5 Mrd. EUR für Arbeitnehmer sowie 181 Mio. EUR für Verwaltungen und  
  • für Beryllium: 15 Mio. EUR für Unternehmen. 

Konsultation der Öffentlichkeit

Mit der Veröffentlichung des Richtlinienvorschlags hat die Kommission auch eine Konsultation der Öffentlichkeit eingeleitet. Interessierten wird die Möglichkeit eingeräumt, zum Änderungsvorschlag und zur Folgenabschätzung Stellung zu nehmen. Eine Teilnahme an der Konsultation ist bis zum 4. Juni 2018 möglich. 

Hintergrund

Die Richtlinie 2004/37/EG über Karzinogene und Mutagene enthält neben allgemeinen Bestimmungen zur Vermeidung oder Verringerung der Exposition gegenüber krebserzeugenden und mutagenen Arbeitsstoffen auch Grenzwerte für die berufsbedingte Exposition gegenüber solchen Stoffen. 

 

Um dem Fortschritt in der Technik und der Forschung über karzinogene oder mutagene Chemikalien gerecht zu werden und Arbeitnehmer besser zu schützen, wird die Richtlinie kontinuierlich aktualisiert, wobei sowohl die Sozialpartner als auch die Mitgliedstaaten einbezogen werden. In den Vorarbeiten für die Festlegung der Grenzwerte wurden die Anmerkungen des dreiseitigen „Beratenden Ausschusses für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz“ (ACSH) berücksichtigt. Im Rahmen dieses Ausschusses haben die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände sowie die Mitgliedstaaten ihre Stellungnahmen zu den im Rahmen der Initiative vorgeschlagenen Grenzwerten vorgelegt. 

Die Kommission hatte bereits im Mai 2016 und im Januar 2017 zwei Änderungen der Richtlinie vorgeschlagen, die Grenzwerte für insgesamt 21 Karzinogene enthalten. Über die erste Änderung hatten sich Rat und EU-Parlament bereits im Juli letzten Jahres verständigt. Der Vorschlag wurde Ende 2017 formal in Form der Richtlinie (EU) 2017/2398 angenommen. Der zweite Änderungsvorschlag wird derzeit von EU-Parlament und Rat diskutiert. 

 

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