Sozialpartner bewerten den Bericht unterschiedlich.

Dr.WSW – 05/2018

Die europäischen Sozialpartner sowie die europäische Dachorganisation „AGE“ waren in der „privilegierten“ Situation, bereits als Teil des Angemessenheitsberichts ihre Stellungnahmen abzugeben. 

Arbeitgeber

Der Arbeitgeber-Dachverband Business Europe lobt unter anderem das Gewicht, welches der Bericht auf die ergänzende Altersvorsorge legt. Er kritisiert dagegen die im Bericht zum Ausdruck gebrachte Sorge, der Arbeitsmarkt könne möglicherweise den zu erwartenden Zustrom älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht absorbieren.  

 

Den entscheidenden Beitrag zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles sehen die Arbeitgeber in einer höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen. Wie und für welche Erwerbstätigengruppen der Sozialschutz ausgebaut werden soll, sei von den Mitgliedstaaten zu entscheiden. Das gleiche gelte für die Unterscheidung zwischen „Arbeitnehmern“ und „Selbständigen“. Die Vorteile verschiedener Vertragsformen müssten erhalten bleiben, gerade auch mit Blick auf die Art und Weise des Zugangs zur Alterssicherung. Dieser müsse nicht unbedingt genau so ausgestaltet sein wie etwa die Pflichtversicherung der Arbeitnehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung, im Gegenteil: Die Selbständigen sollten die Möglichkeit haben, das System und den Anbieter zu wählen, die auf ihre Bedürfnisse am besten zugeschnitten seien.  

 

Noch deutlicher wird die Dachorganisation der Kleinen und Mittleren Unternehmen UAPME: Es sei ein berechtigtes Anliegen der Selbständigen, für ihre Beiträge proportionale Renten zu erhalten – und dies könne im Fall einer Zwangsmitgliedschaft in gesetzlichen Systemen problematisch sein. 

Gewerkschaften

Der europäische Gewerkschaftsdachverband ETUC lobt den Bericht als Gegengewicht zum in Kürze erscheinenden „Altersbericht“ der EU-Kommission, der sich auf die Finanzierungsseite konzentrieren wird. Die Rolle der zweiten Säule wird zwar ebenfalls positiv gesehen, habe aber in der Praxis nur eine beschränkte Rolle bei der Erzeugung angemessener Renten; erst recht gelte das für die dritte Säule. Freiwillige Systeme seien nur einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung zugänglich.  

 

Das „Narrativ“, die öffentlichen Systeme seien in Zukunft nicht mehr in der Lage, ein angemessenes Rentenniveau aufrecht zu erhalten, sei nicht konstruktiv. Vielmehr gehe es darum, die öffentlichen Systeme finanziell auszugestalten und die wirtschaftliche Abhängigkeitsrate – anstelle nur der demografischen – im Blick zu behalten, unter anderem durch eine Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten der über 55-jährigen. 

AGE

Die „AGE Platform“ als Interessenvertretung der älteren Menschen in Europa hat unter anderem wiederholt auf einen Aspekt hingewiesen, der in den aktuellen Rentenreformen und auch im aktuellen Angemessenheitsbericht eher zu kurz kommt. Wenn man schon – wie dies manche Mitgliedstaaten tun – das Rentenalter automatisch an die steigende Lebenserwartung anpasst, so solle man nicht die Lebenserwartung an sich, sondern die Lebenserwartung „bei guter Gesundheit“ als Bezugspunkt nehmen. Diese steige nicht so schnell wie die Lebenserwartung und gehe in manchen Mitgliedstaaten sogar zurück.