Die im November 2019 erschienene OECD-Studie richtet einen Fokus auf atypische Beschäftigungsformen und deren Auswirkungen auf die Absicherung im Rentenalter

CH – 01/2020

Der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung setzen die Rentensysteme unter Druck. Um die Nachhaltigkeit der Rentensysteme auch zukünftig sicherzustellen, wurden in vielen Ländern Reformen durchgeführt oder angeschoben. Diese zielen in der Regel auf eine Erhöhung des Rentenalters und/oder eine Absenkung des Rentenniveaus.

Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre hat die Finanzlage der Rentensysteme deutlich verbessert. Die OECD kritisiert deshalb ausdrücklich, dass dadurch der Reformdruck deutlich nachgelassen hat. In einigen Ländern wurden beschlossene Reformen sogar rückgängig gemacht oder deren Inkrafttreten ausgesetzt. Die Rentengesetzgebung sollte lt. Studie jedoch nicht für kurzfristige politische Erfolge genutzt werden, vielmehr bedarf es langfristiger Maßnahmen, um ein angemessenes Renteneinkommen bei gleichzeitiger finanzieller Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

Atypische Beschäftigung

Atypische Beschäftigung ist definiert als Erwerbsstätigkeit, die nicht unbefristet und nicht in Vollzeit für einen Arbeitgeber ausgeübt wird. Mehr als ein Drittel aller Erwerbstätigen stehen danach in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis. Dieser Anteil wird voraussichtlich weiter ansteigen.

Der Aufbau der Rentensysteme basiert in der Regel auf der Grundlage stabiler und linearer Erwerbsbiografien und bietet oftmals keinen adäquaten Schutz für atypisch Beschäftigte.

Geringeres Einkommen (z. B. bei Teilzeitbeschäftigung) und gebrochene Erwerbsbiografien (z. B. durch Zeitverträge) führen regelmäßig zu geringeren Rentenansprüchen. Die höhere Teilzeitquote und geringere Verdienste sind u. a. Gründe dafür, dass Frauen im OECD-Schnitt 25 Prozent weniger Rente bekommen als Männer. Der Gender-Pension-Gap ist laut Studie in Deutschland mit 46 Prozent am höchsten, während er in Dänemark, der Slowakei und Estland unter 10 Prozent beträgt. Auch längere Unterbrechungen der Erwerbsbiografie durch Kindererziehung oder Arbeitslosigkeit haben einen deutlichen Einfluss auf die zu erwartende Höhe des Renteneinkommens.

Auch die Absicherung von Selbständigen stellt ein komplexes und nicht einfach zu lösendes Themenfeld dar. In einigen Ländern sind Selbständige nicht verpflichtet, einkommensbasierten Rentensystemen beizutreten. Auch wenn sie in die Rentensysteme mit einbezogen sind, zahlen Selbständige in der Regel effektiv geringere Beiträge. Dies hat verschiedene Ursachen und kann z. B. daran liegen, dass sie nur verpflichtet sind, Mindestbeiträge zu entrichten oder einen relativ großen Spielraum bei der Festsetzung der Beitragshöhe haben. Dies führt lt. Studie im Durchschnitt zu 22 Prozent, in Deutschland sogar 50 Prozent niedrigeren Rentenansprüchen. Die eingeschränkte Möglichkeit von Selbständigen, Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zu erwerben, wirkt sich ebenfalls nachteilig auf die Höhe der Rentenansprüche aus, wie es in der Studie weiter heißt.

Das Entstehen und die Ausweitung neuer Arbeitsformen (Gig-Economy, Plattformarbeit) stellt die Rentensysteme ebenfalls vor Herausforderungen. Diese machen die Abgrenzung zwischen Beschäftigungsverhältnis und selbständiger Tätigkeit sehr schwer. Es besteht das große Risiko, fälschlicherweise als selbständig eingestuft zu werden.

Den Link zur Studie finden Sie hier. Vertiefende Ausführungen finden Sie auch in unserem Hintergrundpapier.