Auch wenn das sozialpolitische Mandat bei den Mitgliedstaaten liegt; soziale Themen spielen in der Union zunehmend eine Rolle.

UM – 12/2020

Die Europäische Union (EU) ist keine „Sozialunion“. Maßgebliche Gestaltungskompetenzen liegen bei den Mitgliedstaaten. Dennoch ist die EU ohne soziale Komponenten nicht denkbar. In diesem Spannungsfeld und in Verknüpfung mit dem Europäischen Semester wirkt die Europäische Säule sozialer Rechte (ESSR). Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei ihrem Amtsantritt 2019 deutlich gemacht, dass die Umsetzung der ESSR eine der Prioritäten ihrer Kommission sein wird.

Die Zeit nach Corona braucht sozialen Flankenschutz

Die ESSR ist das politische Instrument der Europäischen Kommission, um in der  Union soziale Aspekte zu befördern. Sie soll Chancengleichheit und den Zugang zum Arbeitsmarkt verbessern, faire Arbeitsbedingungen schaffen sowie den Sozialschutz und die soziale Inklusion verbessern. Bei der Gestaltung des Übergangs in eine digitalere, grünere Welt nach Corona kommt ihr eine wichtige, flankierende Rolle zu. Die Digitalisierung der Wirtschaft, aber auch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zeigen, wie gefährdet viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, insbesondere in atypischen Arbeitsverhältnissen, sind.

Aufbaumittel mit sozialen Erwartungen verknüpfen

Durch das Aufbauinstrument Next Generation EU wird „die Säule“ als soziales Steuerungsinstrument gewichtiger. Denn die Wiederaufbaumittel können an die Erfüllung von sozialen Empfehlungen im Rahmen der 20 Grundsätze und Rechte der ESSR gebunden werden. Der Zeitpunkt, einen Aktionsplan aufzulegen, um der Umsetzung der ESSR Rückenwind zu verleihen, ist somit gut gewählt. Dieser soll Anfang des nächsten Jahres vorgestellt werden.

Konsultation zur Umsetzung abgeschlossen

Zur Vorbereitung hatte die Europäische Kommission eine breit angelegte Konsultation durchgeführt, die am 30. November endete. An dieser hat sich die Deutsche Sozialversicherung mit einem Diskussionsbeitrag beteiligt. Danach sollte die Europäische Kommission folgende Bereiche besonders in den Blick nehmen: 

  • Maßnahmen, die zur besseren Vereinbarung von Beruf und Privatleben führen und die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt verbessern; nicht zuletzt auch mit Blick auf die Alterseinkommen,
     
  • Maßnahmen zur Förderung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz,
     
  • Maßnahmen, die den Zugang zum Sozialschutz, insbesondere bei Plattformarbeitenden, unterstützen sowie
     
  • Maßnahmen im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung, zum Beispiel zur Prävention von gesundheitlichen Gefahren und zum Gesundheitsschutz, zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln, zur Bekämpfung von Krebs, zur Digitalisierung sowie zum Aufbau eines europäischen Gesundheitsdatenraumes.
     

Die Bürgerinnen und Bürger der EU sollten auch in Zukunft von der europäischen Einigung profitieren können. Die Potenziale, die Europa bietet, sollten ausgeschöpft werden.