Der EU-Impfnachweis kommt – einheitlich wird er wohl nicht.

UM – 03/2021

Als am 25. Februar die Staats- und Regierungschefs in der monatlichen Videokonferenz des Europäischen Rates zusammenkamen, stand die Debatte um die Reisebeschränkungen mancher Länder, die Impfstoffstrategie und um EU-weite, digitale Impfzertifikate im Vordergrund. Zwar müssten nicht unbedingt notwendige Reisen vorerst beschränkt werden, so der O-Ton der gemeinsamen Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates. Die Einführung von europaweit gültigen Impfnachweisen könnte, so deren Befürworter, den EU-Bürgerinnen und -Bürgern Freiheiten zurückgeben.

Kommen Reisefreiheiten?

Im Europäischen Rat fand die Idee, deren Unterstützer vor allem aus Ländern mit einem hohen Anteil des Tourismus am Inlandsprodukt kommen, letztlich Zustimmung. In der breiten Öffentlichkeit und in der Wirtschaft verknüpfen sich mit einem europaweit gültigen Zertifikat viele Hoffnungen, so zum Beispiel  Reisefreiheiten für die Urlaubshungrigen und volle Kassen bei Tourismus- und Beförderungsunternehmen. 

Impfausweise erhalten nationalen Zuschnitt

Es ist nun die Aufgabe der Mitgliedstaaten, eigene digitale Impfausweise zu entwickeln. In Deutschland wird dies ein Barcode, der über eine App auf das Smartphone geladen werden kann. Über eine Prüf-App kann der Code ausgelesen werden; durch staatliche Stellen oder eben auch private Dienstleister wie Veranstalter, Hoteliers etc. Welche Daten enthalten beziehungsweise welche Standards erfüllt sein müssen, ist bereits im Januar festgelegt worden.

Europa ermöglicht den Datenaustausch

Der Europäischen Kommission kommt die Aufgabe zu, einen Zugang zu entwickeln, um auf der europäischen Ebene die Kompatibilität und den Datenaustausch zwischen den nationalen Systemen zu gewährleisten. Das will sie in einem Zeitraum von „mindestens um die drei Monate“, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, schaffen.

Nicht verständigt hat man sich im Europäischen Rat aber darauf, wie die Impfausweise am Ende eingesetzt werden sollen. Welche Erleichterungen oder Freiheiten über den Impfausweis letztlich eingeräumt werden, entscheiden die Mitgliedstaaten. Das Zertifikat ist zunächst nicht mehr als ein medizinischer Nachweis. Allerdings sympathisieren eine Reihe von EU-Ländern mit der Möglichkeit einer freien Einreise nach erfolgter Impfung.

Impfpass als Eintrittskarte?

Entscheiden über den Einsatz der Impfausweise können aber auch private Wirtschaftsunternehmen. Der Fall des Reiseunternehmens Alltours zeigt, wohin hier die Reise gehen kann. Das Unternehmen hatte erklärt, voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres in seinen Hotels nur noch Urlauber mit Impfnachweis zu beherbergen. Der „Corona-Pass“ könnte schnell zu einer Zutrittsvoraussetzung für Reiseveranstalter, Restaurantbetreiber und Theater werden.

Private schaffen Fakten

Während es dem Staat grundsätzlich schwerer fällt, vor dem Hintergrund schleppender Impfungen und der Priorisierung von Personengruppen Geimpften Freiheiten zuzugestehen, werden private Wirtschaftsunternehmen Fakten schaffen. Deshalb wollen manche Länder, zum Beispiel Österreich, den digitalen Pass von vornherein umfassender ausgestalten und auch Informationen zu einem negativen PCR-Testergebnis oder einer durchstandenen COVID-19-Erkrankung aufnehmen.

Flickenteppich programmiert

In Deutschland steht man weiteren Anwendungen mit Verweis auf den fehlenden Nachweis, dass die Impfung die Übertragbarkeit des Virus verhindert, noch reserviert gegenüber. Im deutschen Bundesgesundheitsministerium arbeitet man an einem schlanken, digitalen Modell, das zusätzlich zum üblichen Pass in Papierform ausgegeben werden kann. Ob, wo und inwieweit der digitale Impfausweis schon in diesem Sommer das Leben der Menschen erleichtern wird, wird sich zeigen müssen. Der in Rede stehende Zeitrahmen von drei Monaten ist recht ambitioniert.