Die Politik stellt sich dem demografischen Wandel.

TH – 11/2021

Demografische Projektionen sagen einen Rückgang der EU-Bevölkerung und einen Anstieg des Anteils älterer Menschen ab 65 Jahren von jetzt ca. 20 % auf ca. 31 % im Jahr 2100 voraus. Eine Studie zum aktiven Altern und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen hat sich dieser Vorhersage angenommen, und die verschiedenen von den Mitgliedsländern ergriffenen Maßnahmen untersucht. Sie wurde auf Ersuchen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten der Europäischen Parlament (EMPL) von der Politikabteilung für Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität (IPOL) erstellt. Die Studie konzentriert sich auf die Kernelemente des aktiven Alterns: wirtschaftliche Teilhabe (Arbeitsmarkt), soziales Engagement, Gesundheit und Wohlbefinden sowie die Langzeitpflege. Sie untersucht auch die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die entsprechenden Umsetzungen.


Angesichts der anstehenden Veränderungen haben Europa und die Nationalstaaten damit begonnen, eine Politik des aktiven und gesunden Alterns zu fördern. So gibt es verschiedene europäische Initiativen wie die Bewertung der Kosten im Zusammenhang mit nachhaltigen Renten-, Gesundheits- und Langzeitpflegesystemen. Auch gibt es mittlerweile einen „Active Ageing Index“. Jüngste Grundsatzdokumente der Europäischen Kommission, die Europäische Säule sozialer Rechte und eine Entschließung des Europäischen Parlaments zu Möglichkeiten und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Alterspolitik nach 2020 haben das Thema des aktiven Alterns ganz oben auf die Tagesordnung gerückt.

Nationalstaaten haben begonnen zu handeln

Die untersuchten EU-Mitgliedstaaten, unter ihnen Deutschland und Österreich, stellen aktives Altern weit oben auf ihre politische Agenda. Die Formulierung einer aktiven Alterungspolitik ist jedoch ein fortlaufender Prozess. Mehrere Mitgliedstaaten haben daher bereits Strategien und politische Maßnahmen (z. B. Österreich, Polen, Deutschland und Schweden) in Gang gesetzt, während in anderen (z. B. Italien) noch die Formulierung einer einheitlichen Politik für aktives Altern diskutiert wird.


Die politischen Maßnahmen zielen im Allgemeinen darauf ab, die Teilhabe, lebenslanges Lernen und Beschäftigung älterer Menschen zu fördern, sowie kognitiven Beeinträchtigungen und Verschlechterung der Gesundheit entgegenzuwirken. Die größte Rolle spielen hierbei die Sozialschutzsysteme, darunter naturgemäß die Rentensysteme, die Gesundheitsversorgung, sowie die Langzeitpflege. Wirksam sind insbesondere Instrumente zur Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe älterer Menschen: Regelungen zum Renteneintrittsalter und die Kürzung der Vorruhestandsleistungen, die beide darauf abzielen, ältere Arbeitnehmer länger auf dem Arbeitsmarkt. Diese sind auch erfolgreich; die Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen in der EU-27 ist seit 2002 kontinuierlich gestiegen.

Wie geht es weiter?

Viel zu tun bleibt insbesondere auf dem Gebiet der Langzeitpflege, da dort mit den größten Herausforderungen zu rechnen ist. Es besteht die zwingende Notwendigkeit zur Einführung pflegebezogener Langzeitindikatoren, um belastbare Daten zu erhalten. Digitalen Technologien könnte eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Pflegeversorgung von Menschen mit geringem und mittlerem Pflegebedarf zukommen. Diese sollten aber ergänzt werden durch Aus- und Weiterbildung zur Steigerung der digitalen Kompetenzen in der Pflege und im Beruf.


Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament haben die allgemeinen Grundsätze, vorrangigen Ziele und den Rahmen festgelegt, um die gesetzten Ziele zu erreichen; deren Umsetzung und Entwicklung von Lösungen obliegt jedoch den EU-Mitgliedstaaten. Sozialpartnern und Organisationen, die ältere Menschen vertreten, kommt hier eine wichtige Rolle bei Unterstützung von Politiken und Programmen für aktives Altern zu.


Zur Studie (in englischer Sprache) geht es hier.