Europäischer Behindertenausweis und Parkausweis
Der Vorschlag der Europäischen Kommission geht in die Erörterung
AH – 10/2023
Joost
Korte, Generaldirektor für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten der Europäischen
Kommission, hat am 19. September im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales im
Europäischen Parlament den Richtlinienvorschlag für einen
Europäischen Behindertenausweis und Parkausweis vom 6. September vorgestellt. Der
Europäische Behindertenausweis soll nach den Vorstellungen der Europäischen
Kommission sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen auf Reisen in andere
Mitgliedstaaten zukünftig von Sonderkonditionen, wie Vergünstigungen bei
Eintritten und einem leichteren Zugang beim Parken profitieren. Über
den Weg einer gegenseitigen Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat
anerkannten Behinderung soll die Ausweitung der Nutzung beider Ausweise auf
alle Mitgliedstaaten erfolgen und das Ziel einer gleichberechtigten Umsetzung
der Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union (EU)
umgesetzt werden (siehe dazu auch News Januar 2023). Die
Überlegungen der Europäischen Kommission beruhen auf Erkenntnissen aus einem
evaluierten Pilotprojekt, an dem acht Mitgliedstaaten teilgenommen haben.
Die vorgeschlagenen Regelungen sollen nur bei einem vorübergehenden Aufenthalt, so zum Beispiel für
Touristen, gelten. In
der Diskussion mit den Europaabgeordneten wurde auch deutlich gemacht, dass die Richtlinie zum
EU-Behindertenausweis und zum Europäischen Parkausweis das einzige legislative
Dossier in dieser Legislaturperiode für Menschen mit Behinderung ist. Der
überwiegende Teil der Abgeordneten begrüßt dieses Dossier und wies aber darauf
hin, dass im Hinblick auf die Umsetzung dieser Richtlinie noch Fragen offen
sind.
Kein Eingriff in nationale Rechte
Mit Vorschlag
der Kommission bleiben die nationalen Rechte der Mitgliedstaaten hinsichtlich
der Entscheidung über das Vorliegen einer Behinderung, über den Grad der
Schwere sowie über die Notwendigkeit einer Begleitperson unberührt. Das
Ausstellen eines Europäischen Behindertenausweises soll aufgrund der Richtlinie
– neben dem nationalen Ausweis – verpflichtend werden und durch die zuständigen
nationalen Behörden erfolgen. Langfristig
ist der Europäische Behindertenausweis als einzig vorhandenes Dokument denkbar.
Bei dem Europäischen Parkausweis wird eine analoge Verfahrensweise angewandt.
Schutz vor Missbrauch und Barrierefreiheit
Der Europäische
Behindertenausweis soll zunächst in Papierform und auf lange Sicht auch in
digitaler Form zur Verfügung stehen. Den Parkausweis soll es dagegen nur in
physischer Form geben, um einen Missbrauch zu verhindern. Regelungen für die
Ausgabe oder den Entzug der Ausweise müssen in barrierefreien Formaten öffentlich
zugänglich gemacht werden.
Wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen?
Der
Kommissionsvorschlag wird aktuell im Gesetzgebungsverfahren erörtert. Wird der
Vorschlag angenommen, haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, diese
Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Generaldirektor Korte betonte, dass
eine Verabschiedung der Richtlinie vor der Europawahl 2024 gewünscht ist.