Europäischer Gesundheitsdatenraum
Europäische und nationale Umsetzung im Gleichklang.
CC – 12/2024
Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) bietet großes
Potenzial für Patientinnen und Patienten, Leistungserbringende sowie Forschende
und Unternehmen in der Europäischen Union (EU). Während die europäische
Verordnung noch finalisiert werden muss, läuft die nationale Umsetzung in
Deutschland bereits parallel. Ein Überblick:
Europäische Umsetzung
Die Verordnung zum Aufbau des EHDS auf EU-Ebene hat viel Geduld
verlangt. Nach langen Verhandlungen einigten sich Rat, Parlament und Kommission
im April im Trilog auf einen geeinten Verordnungstext. Die anschließende
juristisch-linguistische Überarbeitung im Rahmen des Berichtigungsverfahrens
gemäß Artikel 241 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments zog sich
jedoch bis in den Herbst. Nun liegt der überarbeitete Text in allen Amtssprachen der EU vor.
Der überarbeitete Text der Verordnung zum EHDS wurde in der letzten Parlamentswoche des Europäischen Parlaments offiziell angenommen. Nach den Regeln der Geschäftsordnung des Parlaments (Artikel 251, Absatz 4) hat niemand beantragt, über die Berichtigung (Corrigendum) abzustimmen. Deshalb gilt der korrigierte Text automatisch als genehmigt. Der Rat hat nun drei Monate Zeit, die
Verordnung zu billigen. Nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU tritt
die Verordnung 20 Tage später in Kraft.
Nationale Umsetzung
Das lange Warten auf die europäische Verordnung hindert die
nationale Umsetzung in Deutschland nicht. Im Gegenteil – die Vorbereitungen
laufen bereits auf Hochtouren. Mit dem Fokus auf die Primär- und
Sekundärdatennutzung wird der nationale Rahmen für den EHDS geschaffen.
Primärdatennutzung durch DigiG – ePA für alle
Mit dem Digital-Gesetz (DigiG) wird ab Anfang 2025 die
elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten in
Deutschland eingeführt. Diese wird automatisch eingerichtet, es sei denn, die
Versicherten widersprechen der Nutzung im Rahmen eines Opt-out-Verfahrens. Ziel
des DigiG ist es, den Behandlungsalltag für Ärztinnen und Ärzte sowie für
Patientinnen und Patienten zu vereinfachen, den Austausch und die Nutzung von
Gesundheitsdaten zu fördern und die medizinische Versorgung gezielt zu
unterstützen. In der ePA können wichtige Gesundheitsinformationen gespeichert
werden, darunter ein elektronischer Medikationsplan, eine Patientenkurzakte,
Krankenhaus-Entlassbriefe, Laborbefunde und die Notfalldaten der Patientinnen
und Patienten. Die Notfalldaten werden zusätzlich weiterhin auf der
Gesundheitskarte gespeichert, um den Zugriff auch außerhalb der ePA zu ermöglichen.
Auch das eRezept wird fester Bestandteil der ePA.
Sekundärdatennutzung durch GDNG – Aufbau des Forschungsdatenzentrums
Mit dem am 26. März 2024 in Kraft getretenen Gesetz zur
verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG) soll in Deutschland die
Forschung im Gesundheitswesen gestärkt und vereinfacht werden. Ziel ist es,
Gesundheitsdaten besser für gemeinwohlorientierte Zwecke nutzbar zu machen.
Dazu wird in Deutschland eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur
aufgebaut, die durch eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle, das
Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ Gesundheit), unterstützen wird. Während
die Daten dezentral an ihren ursprünglichen Speicherorten verbleiben, werden
sie für Forschungsanträge in einer sicheren Verarbeitungsumgebung verfügbar
gemacht.
Das seit 2020 bestehende FDZ Gesundheit beim Bundesinstitut
für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird im Zuge des GDNG
weiterentwickelt. Eine zentrale Neuerung ist, dass die Antragsberechtigung
künftig zweckgebunden ist. Entscheidend ist, ob der Forschungszweck
gemeinwohlorientierten Zielen entspricht, unabhängig davon, wer den Antrag
stellt. Damit soll erstmals auch die Industrie Gesundheitsdaten für Forschung
nutzen können, bisher war dies in Deutschland noch nicht der Fall. Eine wichtige
Aufgabe übernimmt der GKV-Spitzenverband. Er ist verantwortlich für die
Zusammenführung, Prüfung und Weiterleitung der von den Krankenkassen
gelieferten Daten an das FDZ Gesundheit und das Robert-Koch-Institut (RKI), das
als Vertrauensstelle fungiert.
Ein weiterer Schritt ist der am 11. November vom
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eingebrachte Verordnungsentwurf mit dem
Titel „1. Verordnung zur näheren Regelung von Verfahren nach dem Gesetz zur
verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“. Mit einer neuen Stammverordnung,
der „Forschungsdatenzentrum Gesundheit-Verordnung“ (FDZGesV), sollen die
Verfahren des FDZ konkretisiert werden, insbesondere die Datentransparenz- und
Datenfreigabeverfahren. Die Verordnung soll erstmals die Übermittlung und Nutzung
von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung regeln und den Datenkranz
um Pflegedaten erweitern, um eine breitere Datengrundlage für die Forschung zu
schaffen. Zudem enthält die Verordnung Gebührenregelungen für die
Bereitstellung von Datensätzen durch das FDZ Gesundheit in der sicheren
Verarbeitungsumgebung.