EPSCO-Ratstagung
Aktuelle Beschlüsse zur EU-Sozialpolitik im Überblick.
HS – 12/2024
Am 2. Dezember haben sich die Sozialministerinnen und -minister zur Tagung
des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“
(EPSCO) in Brüssel getroffen. An der Sitzung nahm erstmals auch die neue
Exekutiv-Vizepräsidentin für soziale Rechte und Kompetenzen, hochwertige
Arbeitsplätze und Vorsorge, Roxana Mînzatu, teil.
Praktikumspaket
Ein wichtiger Bestandteil der Beratungen war sowohl die geplante Praktikumsrichtlinie
als auch die Empfehlung des Rates zu einem verstärkten Qualitätsrahmen für
Praktika. Hinsichtlich der Praktikumsrichtlinie gelang es Ungarn trotz mehrerer
Kompromissvorschläge nicht, eine Einigung über gemeinsame Regeln unter den
Mitgliedstaaten zu erzielen. Begründet haben die Mitgliedstaaten dies damit,
dass sie es vorziehen, ihre bereits bestehenden nationalen Systeme zur Regelung
von Praktika behalten zu wollen. Zu dem parallel im Rat diskutierten Vorschlag
für eine Empfehlung des Rates zu einem verstärkten Qualitätsrahmen für Praktika
legte Ungarn einen Fortschrittsbericht vor. Während sich die Mitgliedstaaten auf Anpassungen
des Textes für den Geltungsbereich, die Entlohnung von Praktika und
schriftliche Praktikumsvereinbarungen verständigen konnten, steht eine Einigung
bei weiteren technischen Aspekten noch aus. Dies umfasst zum Beispiel Klarheit
bezüglich der Formulierung „Vergütung in bar oder in Sachleistung”.
Demografische Herausforderungen
Ferner führte der Rat eine Grundsatzdebatte zum Thema umfassende Lösungen
für demografische Herausforderungen. Dabei ging es zum einen um die
Unterstützung von Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder und zum anderen um Bemühungen,
jüngere und ältere Generation stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Deutschland verwies auf den Familienbericht, der deutlich macht, dass es eine
„Rush Hour des Lebens“ gibt, in der sich junge Eltern neben ihrem Beruf sowohl
um ihre Kinder als auch um die Pflege ihrer Eltern kümmern müssen. Diese jungen
Eltern gelte es zu unterstützen, unter anderem durch Investitionen in Bildungs-
und Betreuungsprogramme, Elterngeld sowie Programme zur Sensibilisierung für
die Belange junger Eltern in Unternehmen.
Europäisches Semester 2025
Im Rahmen des Europäischen Semesters hat der Rat gemeinsame Leitlinien für
die Beschäftigungspolitik angenommen. Diese legen den strategischen Rahmen für
nationale Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiken fest und orientieren sich an den
gemeinsamen Zielen, insbesondere den Grundprinzipien der Europäischen Säule
sozialer Rechte. Den Entwurf für
die Leitlinien hatte die Europäische Kommission im Juni vorgelegt. Das
Europäische Parlament hat am 23. Oktober hierzu seine Stellungnahme verabschiedet und sprach sich unter anderem für Gesetzesinitiativen zu
Telearbeit, das Recht auf Nichterreichbarkeit und künstliche Intelligenz am
Arbeitsplatz aus. Des Weiteren forderte das Parlament die Angemessenheit und
Nachhaltigkeit der Rentensysteme für Arbeitnehmende sowie Selbstständige
sicherzustellen. Gegenüber dem Entwurf der Europäischen Kommission nahm der Rat
die Vorbeugung von prekären Beschäftigungsverhältnissen von
Plattformbeschäftigten auf und betonte die faire und transparente Nutzung von
Algorithmen. Die aufgeführten eingebrachten Änderungs- und Ergänzungsvorschläge
des Europäischen Parlament fanden dagegen kaum Berücksichtigung.
Inklusion von Menschen mit Behinderungen
Um den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt von Menschen mit Behinderungen
zu unterstützen, verabschiedete der EPSCO Schlussfolgerungen. Vor allem Maßnahmen, die eine Integration in den
offenen Arbeitsmarkt fördern und für die Bereitstellung von qualitativ
hochwertigen Arbeitsplätzen sorgen, sollten vorangetrieben werden.
Unzulänglichkeiten wie der Mangel an Arbeitsplätzen, die an die Bedürfnisse von
Menschen mit Behinderungen angepasst sind, gelte es zu beseitigen. Außerdem
werden vergleichbare Daten über Arbeits- und Lebensbedingungen sowie
verbesserte EU-Indikatoren benötigt.
Geschlechtergleichstellung
Des Weiteren haben die Ministerinnen und Minister Schlussfolgerungen zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Frauen und
Mädchen durch die Förderung der Geschlechtergleichstellung gebilligt. Vorgeschlagen
werden Maßnahmen wie die Einbeziehung einer Geschlechterperspektive in die
Gestaltung von Strategien zur psychischen Gesundheit sowie die Bekämpfung aller
Formen von Gewalt und Geschlechterstereotypen. Ebenfalls im Bereich der
Gleichstellung wurden Schlussfolgerungen zur Gewährleistung der Vereinbarkeit von Beruf und
Privatleben und der Gleichstellung der Geschlechter für alle Generationen angenommen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen in diesem Kontext betreffen unter anderem die
Stärkung formeller Betreuungsdienste, die Einführung flexibler
Arbeitsregelungen, die Bekämpfung von Altersdiskriminierung und die Förderung
der intergenerationellen Solidarität.
Sonstige Themen
Darüber hinaus informierte die Europäische Kommission unter anderem über
einen Verordnungsentwurf zur Einrichtung eines einheitlichen freiwilligen
digitalen Meldeportals, das bei der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern zum Einsatz kommen soll. Dänemark hat in diesem Zusammenhang mit
sieben weiteren Ländern, darunter Deutschland, ein Non-Paper zur
Förderung digitaler Anwendungen für freie und faire Arbeitsmobilität in der EU
eingebracht. Die Europäische Kommission wird darin aufgefordert, die Ergebnisse
des im Rahmen der Digitalisierung der Koordinierung der sozialen
Sicherheitssysteme durchgeführten Pilotprojekts zur Bereitstellung digitaler
Zertifikate, der PD A1 und der europäischen Gesundheitskarte (EHIC),
auszuwerten und weitere Prozesse in der sozialen Sicherheit zu identifizieren.
Zudem soll die Kommission prüfen, ob Informationen über Sozialversicherungsschutz
und Arbeitsstatus in einer digitalen europäischen Arbeitskarte erfasst werden
können.