Die ersten 100 Tage
Was hat die Europäische Kommission geplant?
HS – 12/2024
Am 1. Dezember hat das neue Kollegium um Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen die Arbeit aufgenommen. Die kommenden Monate und insbesondere die
ersten 100 Tage werden zeigen, welche Prioritäten in der neuen Legislaturperiode
gesetzt werden. Einige Initiativen sind bereits aus den politischen Leitlinien,
den Mission Letters und den Anhörungen der Kommissarinnen und Kommissare
bekannt.
Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit
Beim Blick auf die angekündigten Initiativen wird der bereits bekannte
Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit deutlich. So kündigte von der Leyen an, als
erste Amtshandlung einen Wettbewerbskompass („Competitiveness Compass“)
vorlegen zu wollen, um die Arbeit der Europäischen Kommission zu leiten. Dieser
soll auf den Draghi-Bericht aufbauen und darauf abzielen, die Innovationslücke
zu den USA und China zu schließen, die Industrie grün und wettbewerbsfähig zu
machen sowie sicherheitsgefährdende Abhängigkeiten zu reduzieren.
Die ersten 100 Tage
Davon abgesehen hat von der Leyen für die ersten 100 Tage sieben
Initiativen angekündigt: einen neuen Deal für eine saubere Industrie, ein Weißbuch
zur Zukunft der europäischen Verteidigung, Überprüfungen bestimmter
Politikfelder im Vorfeld der Erweiterung, eine Vision für Landwirtschaft und
Ernährung mit dem Ziel eines wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Agrarsektors, die
Organisation der ersten der jährlichen jugendpolitischen Dialoge, eine Initiative
für KI-Fabriken, um den Zugang zu neuen Hochleistungsrechenkapazitäten sicherzustellen,
sowie einen europäischen Aktionsplan für die Cybersicherheit von Krankenhäusern
und Gesundheitsdienstleistern.
Europäischer Aktionsplan für Cybersicherheit
Die Verantwortung für den Aktionsplan für Cybersicherheit liegt beim
EU-Kommissar für Gesundheit und Tierwohl Olivér Várhelyi unter Mitwirkung der
Exekutiv-Vizepräsidentin für technologische Souveränität, Sicherheit und
Demokratie Henna Virkkunen. Laut von der Leyen sind die europäischen
Gesundheitssysteme zunehmend das Ziel von Cyber- und Ransomware-Angriffen und
müssen deshalb besser geschützt werden. Der Aktionsplan soll deshalb der
Verbesserung der Bedrohungserkennung, der Vorsorge und der Krisenreaktion in
diesem Bereich dienen. Zu erwarten ist ein Vorschlag, der die Mitgliedstaaten
sowie beteiligte Akteure des Gesundheitssektors und der Strafverfolgung dazu
aufruft, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Initiativen im Bereich Sozialpolitik
Auch ohne die klare Zeitangabe der ersten 100 Tage sind bald einige
Initiativen zu erwarten, die die neue Kommission möglichst schnell vorlegen
möchte. Im Bereich Beschäftigung und Soziales ist das etwa ein Fahrplan für
hochwertige Arbeitsplätze, den die zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Roxana
Mînzatu gemeinsam mit den Sozialpartnern in den ersten Monaten ihrer Amtszeit
erarbeiten möchte. Laut der Aussagen in ihrer Anhörung soll das Herzstück
dieses Fahrplans die Arbeitnehmerfreizügigkeit sein. Ferner sollen das Recht
auf Nichterreichbarkeit sowie Regeln für Telearbeit und algorithmisches
Management am Arbeitsplatz zentral sein. Anfang 2025 soll darüber hinaus ein
europäischer Sozialdialog-Pakt nach Gesprächen mit den Sozialpartnern vorgelegt
werden.
Weitere Maßnahmen
In anderen Bereichen ist unter anderem eine sogenannte Omnibus-Gesetzgebung
für den Bürokratieabbau geplant, die Änderungen an mehreren Gesetzen bündeln
soll. Zum Thema bezahlbares Wohnen will der zuständige Kommissar Dan Jørgensen möglichst
schnell einen Dialog mit allen relevanten Interessengruppen initiieren, auf den
später ein zugehöriger Aktionsplan fußen soll.