
OECD-Studie beleuchtet zentrale Gesundheitsherausforderungen
Investitionen in Prävention notwendig.
CC – 01/2025
Im November des vergangenen Jahres haben die Europäische
Kommission und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) die Studie Health
at a Glance: Europe 2024 veröffentlicht. Neben einem vergleichenden
Überblick über die neuesten Daten zum Gesundheitszustand, zu Risikofaktoren und
zur Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme in Europa schauen die Autorinnen
und Autoren auf demografische Herausforderungen. Sie fordern koordinierte
Maßnahmen, um die Resilienz der Gesundheitssysteme zu stärken, Prävention zu
fördern und Investitionen in deren Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Fachkräftemangel im Gesundheitswesen
Die Studie zeigt, dass in Europa im Jahr 2022 etwa 1,2
Millionen Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte und Hebammen fehlten. Hauptursachen
sind eine alternde Bevölkerung, die die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen
erhöht, sowie eine alternde Belegschaft, die den Ersatzbedarf durch
pensionierte Fachkräfte verstärkt. Über ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte
sowie ein Viertel der Pflegekräfte in der Europäischen Union (EU) sind über 55
Jahre alt und werden perspektivisch aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Zur
Bewältigung von Personalengpässen setzen viele Länder, auch Deutschland, auf im
Ausland ausgebildetes Gesundheitspersonal. Obwohl dies den Mangel nur kurzfristig
lindert, stieg der Zustrom 2022 im Vergleich zu 2019 deutlich an. Bei Ärztinnen
und Ärzten um 17 Prozent, bei Pflegekräften sogar um 72 Prozent. Diese
Strategie verschärft jedoch die Engpässe in den Herkunftsländern, oft
einkommensschwache Staaten, auch innerhalb der EU.
Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen kurzfristig
Arbeitsbedingungen und Gehälter zu verbessern, mittelfristig die Ausbildung
neuer Fachkräfte auszubauen und langfristig durch den Einsatz
hochqualifizierter Pflegekräfte sowie digitaler Technologien, wie künstliche
Intelligenz, die Produktivität zu steigern und die Patientenversorgung zu
optimieren.
Förderung des gesunden Alters
Der demografische Wandel führt zu einer doppelten Herausforderung
im Gesundheitswesen: Neben einem zunehmenden Personalmangel aufgrund einer
alternden Belegschaft steigt durch die alternde Bevölkerung die Zahl
chronischer Erkrankungen. Mehr als die Hälfte der Lebenserwartung ab 65 Jahren
– die inzwischen über 20 Jahre liegt – ist durch Krankheiten und Behinderungen
beeinträchtigt. Insbesondere bei Frauen, die zwar länger leben, aber häufig mit
mehr gesundheitlichen Einschränkungen. Zu den häufigsten Gesundheitsproblemen
im Alter zählen Demenz, Stürze, Diabetes, Arthritis, psychische Erkrankungen
und Herz-Kreislauf-Leiden. Alzheimer und andere Demenzerkrankungen stellen
dabei eine der größten Herausforderungen dar. Laut Schätzungen hatten 2021 fast
8 Millionen Menschen in der EU Alzheimer oder eine andere Form der Demenz.
Zusätzlich sind mangelnde körperliche Aktivität und steigende Adipositasraten
wesentliche Risikofaktoren. Nur 22 Prozent der über 65-Jährigen bewegen sich
ausreichend.
Die Empfehlungen der Autorinnen und Autoren: Effektive
Präventionsmaßnahmen wie die Förderung körperlicher Aktivität und Impfprogramme
können langfristig die Krankheitslast und Gesundheitskosten reduzieren. „The costs of inaction – both in
terms of reduced healthy life years and economic burden – are too high to bear.“,
so die Autorinnen und Autoren.
Gesundheitslage in Deutschland
Der Länderbericht für Deutschland zeigt, dass die
Lebenserwartung in Deutschland seit 2000 weniger stark gestiegen ist als im
EU-Durchschnitt. Mehr als zwei von fünf Deutschen im Alter ab 65 Jahren leiden
an mehr als einer chronischen Erkrankung. Hauptverantwortlich sind
Risikofaktoren wie Rauchen, Fettleibigkeit und starker Alkoholkonsum, die über
dem EU-Durchschnitt liegen. Besonders betroffen sind Menschen mit niedrigem
Bildungsniveau.
Und auch der Fachkräftemangel stellt eine große Herausforderung
dar: Trotz einer vergleichsweise hohen Zahl an Pflegekräften, Ärzten und
Krankenhausbetten fehlt es in Krankenhäusern an ausreichend Pflegepersonal. Um
dem entgegenzuwirken, wurde bereits das Vergütungssystem angepasst und
Initiativen gestartet, um die Ausbildung von Pflegekräften zu fördern und den
Beruf attraktiver zu machen.
Das Gute zum Schluss: In den letzten zehn Jahren haben sich
die Ausgaben für Prävention in Deutschland verdoppelt und machen nun 6,4
Prozent der Gesundheitsausgaben aus – etwas mehr als der EU-Durchschnitt von
6,0 Prozent. Deutschland bleibt außerdem Spitzenreiter bei den Gesundheitsausgaben
in der EU. Damit diese Mittel bestmöglich genutzt werden, zeigt die Studie, wie
entscheidend eine gezielte Investition in Prävention für die Gesundheit der
Bevölkerung ist.