
Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen
Bessere Bedingungen und gezielteres Recruiting im Gesundheitssektor.
CC – 03/2025
Bereits im Jahr 2022 fehlten in Europa rund 1,2 Millionen
Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte und Hebammen – eine alarmierende Zahl, die aus
dem neuen Health
at a Glance Report hervorgeht. Der Bericht zeigt auch, dass mehr als ein
Drittel der Ärztinnen und Ärzte in der Europäischen Union (EU) bis 2030 das
Rentenalter erreichen wird. Der Arbeitskräftemangel und die demografische
Entwicklung erzeugen Handlungsdruck. Deshalb stand das Thema vergangenen Monat im
Mittelpunkt des Plenums des Europäischen Parlaments in Straßburg, wo
verschiedene Lösungsansätze präsentiert wurden.
Arbeitskräftemangel gefährdet Sozialmodell
Die neue Exekutiv-Vizepräsidentin Roxana Mînzatu unterstrich
die zentrale Bedeutung des Gesundheitssektors für die EU und das Wohlergehen
der Bürgerinnen und Bürger. Gesundheitssysteme seien ein essenzieller
Bestandteil des EU-Sozialmodells, doch der Arbeitskräftemangel gefährde dessen
Nachhaltigkeit. Mînzatu betonte, dass verstärkte Maßnahmen erforderlich seien,
um das weitere Vorgehen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten besser
aufeinander abstimmen zu können. Dabei setzt sie auf zwei Schlüsselinitiativen:
die Union
der Kompetenzen (Union of Skills) und einen Fahrplan für hochwertige
Arbeitsplätze (Quality Jobs Roadmap), mit denen der Gesundheitssektor gezielt
gestärkt werden soll (erwartet in Q4 2025).
Stille Krise seit COVID-19 Ende
Die Parlamentarier begrüßen die Debatte über den Fach- und
Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen. Viele Abgeordnete kritisieren, dass
das Thema nach dem Ende der COVID-19-Pandemie in den Hintergrund geraten sei.
Die deutschen Europaabgeordneten Dennis Radtke (EVP, DE) und Gabriele Bischoff
(S&D, DE) betonten, dass es nicht nur um den Zugang zum Arbeitsmarkt gehe,
sondern auch um faire Arbeitsbedingungen, angemessene Bezahlung und die
Vermeidung von Überlastung. Doch wo genau sind die größten Handlungsfelder?
Gesundheitsberufe attraktiver machen
Mînzatu wies auf sechs Handlungsfelder der EU hin, die den
politischen Rahmen festlegen. Erstens muss die EU die Arbeitsmarktteilnahme
unterrepräsentierter Gruppen, insbesondere von Frauen, fördern. Dies soll unter
anderem durch die für 2026 angekündigte Strategie zur Gleichstellung der
Geschlechter erreicht werden. Zweitens seien Weiterbildung und Umschulung im
Gesundheits- und Pflegesektor entscheidend, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Die neue Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern eine „Quality
Jobs Roadmap“ vorlegen. Diese soll faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen,
Weiterbildung sowie gerechte Jobübergänge für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer sowie für Selbstständige fördern. Drittens sollen die
Rahmenbedingungen, etwa durch die bestehende Richtlinie über angemessene
Mindestlöhne, die Europäische Pflegestrategie und den Strategischer Rahmen der
EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2021-2027, attraktiver
gestaltet werden, um mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen.
Union of Skills: Qualifizierung und faire Mobilität
Ein weiteres Ziel ist es, die Arbeitsmobilität innerhalb der
EU zu erleichtern, um Regionen mit starkem Ärztemangel zu entlasten. Die am 5.
März vorgelegte „Union of Skills“ soll dabei mit einer neuen Initiative zur
Anerkennung von Qualifikationen helfen. Zudem will die EU die Datenerhebung und
Prognosen zu Qualifikationen und dem Arbeitsmarkt verbessern, um Maßnahmen gezielter
entwickeln zu können. Schließlich soll die gezielte Anwerbung internationaler
Fachkräfte durch Talentpartnerschaften und einen EU-weiten Talentpool langfristig
den Fachkräftemangel mildern.