Sozi­al­part­ner­di­alog zur Renten­re­form.

VS – 03/2025

Der französische Premierminister François Bayrou hat ein Renten-Konklave mit den Sozialpartnern einberufen. Die Initiative folgt auf die Rentenreform vom April 2023, die insbesondere aufgrund der schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters landesweite Proteste auslöste. Am 20. Februar hat der französische Rechnungshof seine Prognosen für das zukünftige Defizit der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Beamtenversorgung in Frankreich vorgelegt. Falls keine weiteren Reformen vorgenommen werden, wird nach dem Bericht das prognostizierte Defizit im Jahr 2035 knapp 15 Milliarden Euro betragen und bis zum Jahr 2045 auf rund 30 Milliarden Euro ansteigen. Damit hat der Rechnungshof den Rahmen für das von Premierminister Bayrou einberufene Renten-Konklave mit den Sozialpartnern vorgegeben. Dieses soll innerhalb von drei Monaten gerechtere Reformvorschläge für das Rentensystem erarbeiten.

Verschlech­te­rung der Finanz­lage prognos­ti­ziert

Der französische Premierminister François Bayrou hatte am 20. Januar den Präsidenten des französischen Rechnungshofs und ehemaligen EU-Kommissar, Pierre Moscovici, beauftragt, die finanzielle Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Beamtenversorgung zu untersuchen. In seinem Bericht geht der Rechnungshof von einer deutlichen Verschlechterung der finanziellen Lage des Rentensystems aus. Während das Rentensystem im Jahr 2023 noch einen Überschuss von 8 Milliarden Euro aufwies, rechnet der Rechnungshof mit einem stetig ansteigenden Defizit, das schon in diesem Jahr 6,5 Milliarden Euro betragen soll.


Nach diesen Berechnungen wird das Defizit bis zum Jahr 2035 auf knapp 15 Milliarden Euro und bis zum Jahr 2045 auf rund 30 Milliarden Euro ansteigen. Dieses Defizit fällt primär bei der allgemeinen Rentenversicherung (CNAV) an. Dort wirkt sich die demografische Alterung direkt aus, da für die Rentenanpassung keine Mechanismen vorgesehen sind, die die Folgen der demografischen Alterung kompensieren, wie beispielsweise der demografische Faktor in der deutschen Rentenanpassungsformel.


Das System der freien Berufe und die Zusatzrentensysteme dürften dagegen einen positiven Saldo aufweisen. Auch die Situation des Beamtensystems wird laut den Berechnungen stabil bleiben. Diese Systeme verfügen teilweise über eine bessere Altersstruktur, so die Rentensysteme der freien Berufe und der Beamten, über Ausgleichsmechanismen wie die Zusatzrentensysteme sowie über Rücklagen wie die freien Berufe.

Fran­zö­si­sche Zusatz­ren­ten­sys­teme als Vorbild

Der Handlungsspielraum der französischen Regierung ist begrenzt. So lag die Staatsverschuldung im dritten Quartal 2024 bei knapp 114 Prozent des BIP (in Deutschland bei gut 62 Prozent). Die letzte Rentenreform von April 2023 war und ist äußerst umstritten. Auch verfügt die Regierung in der französischen Nationalversammlung über keine Mehrheit, was neue Reformen deutlich erschwert. In dieser Situation setzt der französische Premierminister Bayrou auf den sozialen Dialog. Im Rahmen des von ihm einberufenen Renten-Konklaves sollen die Sozialpartner gemeinsam Lösungsvorschläge entwickeln und damit soziale Spannungen vermeiden, die frühere Rentenreformversuche geprägt haben. Als Moderator ist hierzu der ehemalige Generaldirektor des Zusatzrentensystems für abhängig Beschäftigte AGIRC-ARRCO, Jean-Jacques Marette, berufen worden. Dies ist kein Zufall. Bereits heute werden die Zusatzrentensysteme für abhängig Beschäftigte, die primär der Lebensstandardsicherung der Rentnerinnen und Rentner dienen, gemeinsam von den Sozialpartnern verwaltet. In der Vergangenheit sind Anpassungen und Reformen im Konsens vereinbart und meist ohne aufgeheizte politische Diskussionen umgesetzt worden.

Renten­re­form breit gedacht

Bei seiner Berufung als Moderator betont Jean-Jacques Marette, dass er nicht an allumfassende Rentenreformen glaube. Die Anpassung der Rentensysteme an sich wandelnde Situationen sei ein stetiger Prozess. Entsprechend interpretiert er die Aufgabe des Rentenkonklaves als die Suche nach gemeinsamen Lösungswegen für verschiedene Aspekte der Alterssicherung. Hierzu hat er für das dreimonatige Konklave sechs Themenfelder benannt, die jeweils auf zwei der wöchentlichen Sitzungen diskutiert werden: (1) Altersgrenzen und Beitragszeiten, (2) berufliche Belastung in Verbindung mit langen Erwerbskarieren, (3) solidarische Elemente, die Gleichstellung von Frauen und Männern und Zuschläge für Familienleistungen, (4) die Finanzierung der Rentensysteme, (5) Steuerungsmechanismen für eine stetige Evaluation und Anpassung der Rentensysteme und (6) die Finanzierung der sozialen Sicherheit insgesamt.

Nicht alle großen Gewerk­schaften an Bord

Etwa fünfzehn Minuten nach Beginn der ersten Sitzung der Sozialpartner am Donnerstag, dem 27. Februar, hat die drittgrößte französische Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) den Verhandlungstisch verlassen. Unter Verweis auf die am Tag zuvor formulierte Forderung von François Bayrou, das finanzielle Gleichgewicht des Rentensystems bis 2030 wiederherzustellen, bezeichnete die Organisation das Renten-Konklave als eine „Zwangsjacke“, in die man sich nicht pressen lasse. Nach jetzigem Stand wird die FO nicht mehr an den Verhandlungstisch zurückkehren.

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