
EPSCO-Ratstagung
Aktuelle Beschlüsse zur EU-Sozial- und Gesundheitspolitik im Überblick.
HS – 06/2025
Am 19. und 20. Juni haben sich die Sozial- und Gesundheitsministerinnen und -minister zur Tagung des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ (EPSCO) in Brüssel getroffen. Am 19. Juni wurden die Themen Beschäftigung und Sozialpolitik beraten, während am 20. Juni die Gesundheitsthemen behandelt wurden. Auch die zuständigen Kommissarinnen der Europäischen Union (EU) Roxana Mînzatu und Hadja Lahbib sowie Kommissar Olivér Várhelyi haben teilgenommen.
Richtlinie und Qualitätsrahmen für Praktika
Unter Berücksichtigung der Vielfalt der nationalen Systeme ist es der polnischen Ratspräsidentschaft gelungen, gemeinsam mit den Ministerinnen und Ministern eine allgemeine Ausrichtung zur Praktikumsrichtlinie zu erzielen. Der Rat einigte sich darin auf einen klar definierten Anwendungsbereich der Richtlinie, der einerseits auf bessere Arbeitsbedingungen für Praktikantinnen und Praktikanten abzielt und andererseits der Bekämpfung von Scheinpraktika dient. Zu der Empfehlung des Rates für einen Qualitätsrahmen für Praktika berichtete die polnische Präsidentschaft, dass am 3. Juni eine Arbeitsgruppensitzung stattgefunden habe, um die Arbeit der kommenden dänischen Ratspräsidentschaft an der Empfehlung vorzubereiten.
Europäisches Semester
Mit Blick auf das Europäische Semester hat die Europäische Kommission das Frühjahrspaket vorgestellt, das länderspezifische Empfehlungen, Beschäftigungsleitlinien und Länderberichte enthält. Die Ministerinnen und Minister diskutierten in diesem Rahmen außerdem über den für Ende des Jahres angekündigten Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte sowie über die erste EU-Strategie zur Armutsbekämpfung. Deutschland hat sich in seinem Beitrag zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte bekannt und gefordert, dass sich der neue Aktionsplan der Themen faire Mobilität, Mitbestimmung am Arbeitsplatz, Digitalisierung der Arbeitswelt sowie Wohnungslosigkeit annehmen sollte. Ferner unterstützte Deutschland eine ganzheitliche Armutsstrategie, die die unterschiedlichen Aspekte von Armut und sozialer Ausgrenzung in ihrer Gesamtheit betrachtet.
Gleichbehandlungsrichtlinie
Darüber hinaus haben sich die Ministerinnen und Minister über den Vorschlag der Europäischen Kommission zu einer horizontalen Gleichbehandlungsrichtlinie ausgetauscht. Eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten sprach sich dafür aus, die Arbeiten an dem vorliegenden Richtlinienentwurf fortzuführen, um eine Einigung im Rat zu erzielen. Deutschland hat dagegen weiterhin grundsätzliche Vorbehalte und äußerte sich als einziger Mitgliedstaat gegen die Richtlinie. So lehnt die neue Bundesregierung unter anderem die Regelungen für den Sozialschutz im aktuellen Text ab. Auch ein neuer Vorschlag der Europäischen Kommission sei nur sinnvoll, falls vorher Gespräche mit den ablehnenden Mitgliedstaaten geführt und deren Bedenken adressiert würden.
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Zur Reform der Koordinierung der sozialen Sicherheit berichtete die polnische Ratspräsidentschaft, dass am 3. Juni die erste Verhandlung der neuen Trilogrunde stattgefunden habe. Leider hätten die Diskussionen gezeigt, dass große Unterschiede zwischen den Positionen von Rat und Europäischem Parlament bestehen, unter anderem mit Blick auf die Ausnahmen von einer Vorabnotifizierung der A1-Bescheinigung. Deshalb sei eine Einigung unter polnischer Präsidentschaft nicht mehr möglich. Viele Mitgliedstaaten äußerten sich enttäuscht. Deutschland sieht dennoch weiterhin realistische Chancen auf eine Einigung und zeigte sich bereit, zu prüfen, wo im Einzelnen Kompromisse eingegangen werden können. Trotz der Schwierigkeiten solle nach Ansicht Deutschlands zeitnah ein weiterer Einigungsversuch unternommen werden.
Rechtsakt zu kritischen Arzneimitteln (CMA)
Die Mitgliedstaaten begrüßten die Zielrichtung und Anliegen des Verordnungsentwurfes, insbesondere mit Blick auf die Stärkung der Versorgungssicherheit innerhalb der EU. Mehrere Mitgliedstaaten – darunter Deutschland – halten den Finanzierungsrahmen für zu unkonkret und forderten eine klare, EU-finanzierte Unterstützung. Deutschland kritisierte, dass die strategische Rolle generischer Arzneimittel im Vorschlag nicht ausreichend berücksichtigt sei, und forderte gezielte Anreize für deren Beschaffung. Der Anwendungsbereich für Maßnahmen von gemeinsamem Interesse müsse konkretisiert, Regelungen zu Drittstaaten präzisiert und Bürokratie vermieden werden. Auch bei der Beschaffung von Arzneimitteln durch die Kommission sieht Deutschland noch Handlungsbedarf. Mit Blick auf die Medizinprodukteverordnung sprach sich Deutschland für gemeinsame Bevorratungsgrundsätze aus.
Arzneimittelreform
Die Gesundheitsministerinnen und -minister begrüßten die im Juni erzielte allgemeine Ausrichtung des Rates zur EU-Arzneimittelreform (Richtlinie und Verordnung). Positiv hervorgehoben wurden Fortschritte bei Datenschutz, Verfügbarkeit von Arzneimitteln, regulatorischer Effizienz und Versorgungssicherheit. Trotz breiter Zustimmung gab es vereinzelt Vorbehalte zu Ausnahmeregelungen, Übergangsfristen und Anreizsystemen. Deutschland unterstrich die Bedeutung von Arzneimitteln für die Versorgungssicherheit und die Innovationskraft der EU. Patentschutz und regulatorische Schutzfristen seien entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit. Ein verlässliches und vorhersehbares Anreizsystem sei ebenso wichtig wie ein rechtssicherer und ausgewogener Umgang mit der Bolar-Ausnahme.
Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter
Der Rat hat Schlussfolgerungen zur Förderung und zum Schutz der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter angenommen. Die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission werden darin aufgefordert, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bei der Nutzung digitaler Instrumente besser zu schützen. Die Mitgliedstaaten begrüßten die Schlussfolgerungen als wichtigen Schritt. Gesundheitsministerin Dr. Nina Warken forderte, dass das gute Regelwerk des Digital Services Act weiterentwickelt wird und dass die Europäische Kommission ein Gesetz zur digitalen Fairness vorlegt, in dem Schutzlücken im Verbraucherrecht geschlossen werden.
Weitere Themen
Darüber hinaus wurden im Bereich Soziales Schlussfolgerungen zur Unterstützung älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft sowie zu Geschlechtergleichstellung im digitalen Zeitalter angenommen. Im Bereich Gesundheit wurde über die oben genannten Punkte hinaus die Möglichkeit einer europäischen Regelung zur Beschränkung der Anzahl von Kindern pro Samenspender oder Eizellenspenderin diskutiert. Außerdem wurde die Kommunale Abwasserrichtlinie thematisiert, deren Kosten und Auswirkungen auf die Industrie die Europäische Kommission mit einer aktualisierten Studie überprüfen will. Ein letzter Punkt betraf den Bedarf, junge Menschen auf Basis der EU-Tabakproduktrichtlinie vor den gesundheitlichen Gefahren neuartiger Tabak- und Nikotinprodukte zu schützen.