EU und Kanada: Nach langen Verhandlungen haben die Vertragspartner ein umfassendes Handels- und Investitionsschutzabkommen unterzeichnet.

10/2016

Trotz Kritik von verschiedenen Seiten galt der Abschluss von CETA als relativ sicher. Kurz vor der Zielgeraden musste der kleine Bruder von TTIP jedoch mit Widerstand kämpfen.  

 

In Deutschland wurden im Vorfeld verschiedene Eilanträge gegen eine Unterzeichnung und vorläufige Anwendung von CETA beim Bundesverfassungsgericht eingereicht; diesen wurde jedoch nicht entsprochen. Das Bundesverfassungsgericht verdeutlichte allerdings, dass ein Ausstieg Deutschlands aus CETA auch nach Unterzeichnung möglich sein müsse. Kurz vor dem geplanten EU-Kanada Gipfel blockierte schließlich die belgische Region Wallonien den Abschluss. Erst eine Reihe von Zusatzerklärungen - unter anderem im Bereich der Landwirtschaft - haben den Weg für die Unterzeichnung von CETA am 30. Oktober 2016 freigemacht.  

Schon heute unterhalten die EU und Kanada wichtige Handelsbeziehungen. Mit dem Freihandelsabkommen CETA möchten die Handelspartner ihre Wirtschaftsbeziehungen auf eine neue Basis stellen. Mehr Wachstum und eine Steigerung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs durch den Wegfall von Handelsbeschränkungen wie zum Beispiel Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Aufträgen sowie die Öffnung von Dienstleistungsmärkten ist das erklärte Ziel.  

Die gesetzliche Sozialversicherung beobachtet seit geraumer Zeit die Verhandlungen der EU zum Abschluss verschiedener Freihandelsabkommen. Inwieweit die sozialen Sicherungssysteme von Regelungen in CETA tatsächlich betroffen sein können, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.  

 

Sicherlich enthält der Vertragstext verschiedene Klauseln zum Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung und der von ihr finanzierten oder erbrachten medizinischen und sozialen Leistungen. So dürfte die „Sozialversicherung in ihrer Finanzierungsfunktion“ von den Liberalisierungsbestrebungen durch eine entsprechende Formulierung ausgenommen sein. Dies sollte – zumindest für die europäische Seite – auch selbstverständlich sein, wenn man bedenkt, dass innerhalb der EU jedes Land selbst entscheiden kann, wie es sein soziales Sicherungssystem ausgestaltet. Es gibt jedoch weitere Klauseln und Vorbehalte, in denen die Vertragspartner unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, um einen möglichst großen Interpretationsspielraum bei der späteren Anwendung zu haben. Damit entstehen Grauzonen, die zu Rechtsunsicherheit führen; so ist zum Beispiel immer noch unklar, ob rein beitragsfinanzierte Leistungen unter den Begriff „öffentliche Finanzierung“ zu fassen sind. Von daher wird sich erst im Rahmen der Anwendung zeigen, ob die EU und die Mitgliedstaaten ihre Vorbehalte zum Schutz bestimmter Bereiche hinreichend präzise formuliert haben.  

Nun muss das Europäische Parlament über CETA abstimmen, dann kann es in Bezug auf Bereiche, die unstreitig in die Kompetenz der EU fallen, vorläufig in Kraft treten. Damit CETA vollständig in Kraft treten kann, muss es sodann in den Mitgliedstaaten und in 14 Regionalparlamenten ratifiziert werden.