Die Anwendung von „Gesundheits‐Apps“ und anderen IT‐Programmen in der medizinischen Versorgung nimmt zu. In Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten ist eine lebhafte Diskussion entstanden, wie die Anwendung dieser neuen digitalen Produkte im Gesundheitswesen zu regeln ist.

MS – 12/2016

Spätestens mit der öffentlichen Konsultation zum Grünbuch über mobile Gesundheitsdienste, an der sich die deutsche Sozialversicherung mit einer Stellungnahme beteiligt hat, ist die Debatte über Gesundheits-Apps und digitale Versorgungsanwendungen auf europäischer Ebene verstärkt in den Fokus gerückt.  

 

Bei der Diskussion geht es sowohl um die Prüfung der Sicherheit der digitalen Produkte in der medizinischen Versorgung und deren Zugang zum Markt als auch um die Form der Erstattung im Rahmen der Krankenversicherung. Auf europäischer Ebene liegt der Schwerpunkt derzeit (noch) auf den Qualitäts- und Datenschutzstandards für Gesundheits-Apps, die europaweit vereinheitlicht werden sollen. 

 

Aktuell werden auf Initiative der EU-Kommission in einer Arbeitsgruppe, unter Beteiligung der European Social Insurance Platform, Qualitätskriterien für die Bewertung der Zuverlässigkeit von Apps in den Bereichen Gesundheit und Soziales erarbeitet. Diese freiwilligen Leitlinien sollen bis Anfang 2017 vorliegen und richten sich an alle Interessenvertreter im Bereich der digitalen Versorgung. Sie beziehen sich explizit auf solche Apps, die nicht als Medizinprodukt eingestuft werden und dienen als geeigneter Anhaltspunkt, wenn es um die qualitative Bewertung von Apps geht. Kriterien wie Sicherheit, Transparenz und Evidenz sollen in dem Zusammenhang als Maßstab dienen. Damit wird ein einheitlicher und länderübergreifender Rahmen festlegt, der von nationalen Organisationen genutzt werden kann. Ein erster Schritt um gemeinsame und europaweite Standards festzulegen, wenn auch zunächst unverbindlich.  

 

Eine weitere Initiative der EU-Kommission, unter der Federführung der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien, ist eine Selbstverpflichtung der Hersteller von Gesundheits-Apps zur Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Das Ziel des sogenannten „Verhaltenskodex bzw. Code of Conduct“ ist es, das Vertrauen der Bürginnen und Bürger in Gesundheits-Apps zu stärken. Im Kern des Verhaltenskodexes werden Aspekte für Entwickler definiert, wie zum Beispiel die Aufklärung und das Einverständnis des Nutzers oder Grundprinzipien der Datenminimierung, die zu einer Verbesserung der Sicherheit beitragen sollen. Nach der Prüfung der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, eine von der EU-Kommission unabhängige europäische Arbeitsgruppe, die bei Themen rund um personenbezogene Daten und deren Verarbeitung miteinbezogen wird, ist mit der Veröffentlichung des Verhaltenskodexes in nächster Zeit zu rechnen. 

 

Es ist zu begrüßen, dass die EU-Institutionen viele der Probleme, die sich mit Gesundheits-Apps ergeben, erkannt haben. Aktuelle EU-Gesetzgebungsverfahren, wie die Medizinprodukte-Verordnung und die Datenschutz-Grundverordnung, greifen mHealth-Themen auf. Nicht verbindliche Normen wie der Verhaltenskodex und die freiwilligen Qualitätsleitlinien ergänzen den Regelungsbedarf. Die Regulierung an sich ist jedoch eine Herausforderung. Es muss die richtige Balance gefunden werden, zwischen Patientensicherheit und dem Potential Innovation im Gesundheitswesen zu ermöglichen. Eine Überregulierung würde insbesondere der schnell wachsenden Gesundheits-Startup-Szene schaden.  

 

Allerdings fehlt weiterhin eine Roadmap für den Bereich „digitale Gesundheit in der EU“. Darüber hinaus ist nicht geklärt, ob die aufgeführten Leitlinien zu einem späteren Zeitpunkt in verbindliche Regelungen münden können. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass die nationale Ausgestaltung und Regulierung an dieser Stelle eine große Rolle spielen, spätestens wenn es um die Fragen der Finanzierung und Kostenerstattung geht. An dieser Stelle liegen die Auffassungen der Mitgliedstaaten zum Teil sehr weit auseinander, was es erschwert, politische Maßnahmen auf EU-Ebene zu definieren und vor allem durchzusetzen.  

Im Januar 2017 beabsichtigt die Europäische Kommission eine Initiative zu „free flow of data“ zu starten, mit dem Ziel, den freien Datenaustausch in der EU zu stärken. Gesundheitsdaten sollen ein Teil davon sein. Damit einhergehen soll auch eine Initiative zu einer „Europäischen Cloud“, die sich verstärkt auf die Zertifizierung von Clouds fokussieren soll.  

 

Aktuelle Initiativen zu mobile Health auf EU-Ebene: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/current-initiatives-unlock-potential-mobile-health-europe 

 

Initiative „free flow of data“: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/economy-society-digital-single-market