Die Europäische Kommission hat eine von ihr in Auftrag gegebene Studie zu Minijobs in Deutschland veröffentlicht.

KL – 04/2018

Die Europäische Kommission hat für die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte das „Paket für soziale Gerechtigkeit“ auf den Weg gebracht. Ein Teil dieser Initiative befasst sich mit der Gewährleistung des Zugangs zum Sozialschutz für Beschäftigte und Selbständige (siehe hierzu unseren Beitrag 03/2018). 

 

Für die Folgenabschätzung hatte die Europäische Kommission sechs Fallstudien über den Zugang zum Sozialschutz bei besonderen Beschäftigungsformen in den Mitgliedstaaten Deutschland, Polen, den Niederlanden, Rumänien, Spanien und Italien in Auftrag gegeben. Sie wurden nun veröffentlicht. Eine dieser Studien untersucht den Zugang zum Sozialschutz in Deutschland für Beschäftigte in Minijobs. 

Was ist ein Minijob?

Bei den sogenannten „Minijobs“ handelt es sich um eine geringfügige Beschäftigung, in der die beschäftigte Person entweder nicht mehr als 450 Euro monatlich verdient (450-Euro-Job) oder nur für kurze Zeit beschäftigt ist, nämlich innerhalb eines Kalenderjahres nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage. 

Ergebnisse der Studie

Die Autoren der Studie stellen darin fest, dass Minijobs ein Schlüsselelement des deutschen Arbeitsmarktes geworden seien, da mittlerweile ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten in Deutschland einen Minijob ausüben würde. Die vorwiegend auftretende Art des Minijobs sei das Beschäftigungsverhältnis mit einem geringfügigen monatlichen Entgelt bis 450 Euro. Für den überwiegenden Anteil der Beschäftigten mit einem Minijob, nämlich 4,9 Mio. von insgesamt 7,6 Mio., stelle der Minijob die Hauptbeschäftigung dar. 

Wer arbeitet in Minijobs?

Die Gruppe der Beschäftigten mit einem Minijob ist nach den Feststellungen der Autoren der Studie außerordentlich vielfältig, wobei die Spanne von Schülern und Studenten bis zu Rentenempfängern reiche. Der größte Anteil an Minijobbern entfalle auf  

 

  • Beschäftigte mit einem Hauptberuf in den unteren und mittleren Einkommensstufen und mit einem Minijob als Nebenbeschäftigung;  
  • Hausfrauen und Rentner, die hauptberuflich in einem Minijob tätig sind;  
  • Schüler und Studenten sowie 
  • Arbeitslose, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung aufstocken. 

Soziale Absicherung in den Sozialversicherungszweigen

Minijobber seien in der Regel in der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert, weil über 96% der Minijobber über abgeleitete Ansprüche (beispielsweise aufgrund einer Hauptbeschäftigung oder im Rahmen einer Familienversicherung) verfügen würden, da eine allgemeine Verpflichtung zur Versicherung in der Krankenversicherung bestehe. 

 

Soweit es die gesetzliche Rentenversicherung betrifft, würden Minijobber oftmals von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich befreien zu lassen, so dass aktuell nur sehr wenige Minijobber Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen würden, um einen höheren Altersrentensanspruch zu erwerben. 

 

Die Autoren der Studie sehen durch die bestehenden Regelungen zu Minijobs für Geschiedene Gefahren für deren soziale Absicherung, weil abgeleitete Ansprüche auf Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung aufgrund der Ehescheidung entfallen würden. 

 

Darüber hinaus seien Minijobber in der Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht abgesichert. Auch sei es unwahrscheinlicher, dass Minijobber Ansprüche auf Zahlung von Betriebsrenten erwerben. 

Kritikpunkte

Die Autoren der Studie äußern sich darüber hinaus auch zu anderen Punkten kritisch. Sie sehen einerseits Mängel in der Information vieler Minijobber über deren Arbeitnehmerrechte, was in der Praxis zu einer mangelnden Absicherung durch arbeitsmarktrechtliche Bestimmungen führen würde. 

 

Die Autoren sind andererseits auch der Ansicht, dass Minijobs praktisch die Ausweitung des Niedriglohnsektors bei Beschäftigungen subventionieren würden. Sie begründen dies mit der Verringerung der Lohnnebenkosten und mit den Möglichkeiten der Steuerersparnis, die die bestehenden Regelungen sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern offerieren würden.  

 

Minijobs würden nach Ansicht der Autoren der Studie auch die traditionelle Rollenverteilung in Familien begünstigen, da sie insbesondere für Frauen einen starken Anreiz für eine lediglich stundenweise Beschäftigung böten. Frauen sollten jedoch dazu ermutigt werden, eigene Rentenanwartschaften zu erwerben, um künftige Altersarmut unter Frauen zu verhindern. 

 

Zudem sei die Tendenz gering, von einem Minijob in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis wechseln zu können. Darüber hinaus würde das Konzept der Minijobs Beschäftigung nicht fördern, sondern möglicherweise das Arbeitsvolumen reduzieren. 

Fazit der Studie

Die Autoren der Studie vertreten nach alledem die Auffassung, dass es ratsam wäre, wenn die Regelungen über die Beitragszahlung zur Sozialversicherung unabhängig von der Art der Beschäftigung (hier: Minijob) gleichermaßen angewendet werden würden.  

 

Die Studie gibt nicht die Auffassung der Europäischen Kommission, sondern der Verfasser wieder. 

 

Die Studie (in englischer Sprache) kann hier nachgelesen werden.