Die Pati­en­ten­richt­linie bleibt hinter ihren Zielen zurück, meint die Euro­päi­sche Kommis­sion.

UM – 03/2022

Die Europäische Kommission hat am 24. Februar eine Studie darüber veröffentlicht, wie die Richtlinie über die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung verbessert werden kann. Diese bliebe, so die Kommission, für viele Patientinnen und Patienten hinter ihren Erwartungen zurück.

Wegbe­reiter waren Kohll und Decker

Die Richtlinie 2011/24/EU vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung wurde seinerzeit eingeführt, um den Interessen nach grenzüberschreitender medizinischer Behandlung oder Beschaffung von Gesundheitsprodukten einen verlässlichen rechtlichen Rahmen zu geben. Vorausgegangen waren rechtliche Auseinandersetzung zwischen Krankenversicherungen und ihren Versicherten vor dem Europäische Gerichtshof (EuGH). Die wegbereitenden Urteile waren die zu Decker (C-120/95) und Kohll (C-158/96) im Jahr 1998, die die Notwendigkeit einer vorherigen Genehmigung für die Beschaffung einer Brille beziehungsweise für eine kieferorthopädischer Behandlung im EU-Ausland durch die jeweilige Krankenkasse verneinten.   

Die Pati­en­ten­richt­linie wird elf

Im Jahr 2013 wurden die Regelungen der „Patientenrichtlinie“ in deutsches Recht überführt, das nur noch bei einer stationären Krankenhausbehandlung die Vorab-Genehmigung vorsieht. In diesem März ist die Richtlinie elf Jahre alt geworden. Doch zu einem Run auf die Gesundheitsangebote im EU-Ausland ist es nicht gekommen. Die Europäische Kommission, die derzeit die Richtlinie in ihrer jetzigen Fassung prüft, macht dafür Hürden bei der praktischen Anwendung der Richtlinie verantwortlich.

In der Kritik: Vorab­ge­neh­mi­gungen 

So hätten die meisten Länder ein Verfahren eingeführt, das eine vorherige Genehmigung durch den nationalen Gesundheitsdienstleister oder die Versicherung erfordert, was die Richtlinie aber nicht zwingend vorschreibe. Die Verfahren würden sich zudem stark unterscheiden. Außerdem mangele es an Informationen für die Patienten, wie sie eine Vorabgenehmigung erhalten können. Hier würden die nationalen Kontaktstellen (NKS) ihrer Rolle als Vermittler für Interessierte, die eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen wollen, nicht immer gerecht.

Zusam­men­ar­beit mit natio­nalen Kontakt­stellen

Defizite gäbe es auch in der Zusammenarbeit zwischen NKS und Patientengruppen, Gesundheitsdienstleistern und Krankenkassen. Nur eine begrenzte Anzahl von Mitgliedstaaten führe Konsultationsvereinbarungen zwischen den NKP und Patientenverbänden, Krankenversicherungsträgern und Gesundheitsdienstleistern durch. In einigen Ländern fänden diese gar nicht statt. Das Bild ist so heterogen, wie es die Systeme und die Kompetenzverteilungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sind.

Mit der von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie sollte eine Bestandsaufnahme und Analyse der praktischen Umsetzung der Patientenrichtlinie in den 27 EU-Mitgliedstaaten und den EWR/EFTA-Ländern erfolgen. Darüber hinaus sollten Optionen zur Verbesserung der Nachvollziehbarkeit und Transparenz bei der Anwendung des Regelwerks formuliert werden und die Kontrollindikatoren für die zukünftige Bewertung der Richtlinie einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Als eine Art „Soforthilfe“ könne auf die „Toolbox“ - eine Sammlung von umfassenden, zielgruppenspezifischen Informationen und Arbeitshilfen (siehe hier) zurückgegriffen werden. Sie enthalte Hilfreiches, sei aber bei den relevanten Interessengruppen nur wenig nicht bekannt.

Die Studie (Study on Enhancing implementation of the Cross-Border Healthcare Directive 2011/24/EU to ensure patient rights in the EU) wurde im Auftrag der Kommission von Ecorys Nederland, der Technopolis-Gruppe und Spark Legal Network durchgeführt.

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