Geschichte der Sozi­al­ver­si­che­rung

Meilen­steine in Deutsch­land und der EU

Bismarck­’­sche Sozi­al­ge­setz­ge­bung

Als Otto von Bismarck vor 140 Jahren den Grund­stein für die Sozi­al­ge­setz­ge­bung in Deutsch­land gelegt hat, dachte er wohl nicht daran, dass sein „Kind“, die deut­sche Sozi­al­ver­si­che­rung, einmal in der Haupt­stadt Europas Flagge zeigen würde.  

15. Juni 1883

Grün­dung der Kran­ken­ver­si­che­rung

Mit dem „Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter" wird eine gesetzliche Krankenversicherung, zunächst nur für Industriearbeiter und Beschäftigte in Handwerks- und Gewerbebetrieben, eingeführt. Im Zentrum steht die Vermeidung von existenzieller Not bei Arbeitsunfähigkeit.

6. Juli 1884

Geburts­stunde der Unfall­ver­si­che­rung

Mit dem Unfallversicherungsgesetz erfolgt die erstmalige Absicherung von Arbeiterinnen und Arbeitern und gering verdienenden Betriebsbeamten in bestimmten Industriebereichen wie Bergwerken, Eisenhütten oder dem Baugewerbe gegen Arbeitsunfälle. In einem zweiten Schritt folgt die Versicherung gegen Berufskrankheiten.

22. Juli 1889

Die Alters­si­che­rung

Mit dem Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung der Arbeiter wird der Vorläufer der Rentenversicherung geschaffen. Eine Absicherung konnten auch sehr gering verdienende Angestellte bekommen. Für gering verdienende Selbständige wurde die Möglichkeit der freiwilligen Absicherung geschaffen.

Sozi­al­po­litik in der EWG

In den römi­schen Verträgen zur Euro­päi­schen Wirt­schafts­ge­mein­schaft (EWG) werden sozial- und gesund­heits­po­li­ti­sche Frage­stel­lungen erst­mals ange­legt. Dennoch wird lange gesagt, Europa habe eine „sozi­al­po­li­ti­sche Schlag­seite“. Denn die euro­päi­sche Sozi­al­po­litik hat sich von Beginn an in enger Verbin­dung mit der Frei­zü­gig­keit der Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeit­nehmer entwi­ckelt. Mit Vorfahrt für die Wirt­schafts­po­litik. Seinen vorläu­figen Höhe­punkt fand dies in den 90er Jahren mit der Wirt­schafts- und Währungs­union und dem Binnen­markt.

1957/1958

Koor­di­nie­rungs­recht, Gesund­heits­schutz, Arbeits­si­cher­heit

Auf der Basis des Abkommens zum Schutz der Wanderarbeitnehmer in der Gemeinschaft von 1957 folgen ein Jahr später die Verordnung (EWG) Nr. 3 und ihre Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 4. Sie bilden die ersten beiden materiell-rechtlichen Regelungen des „europäischen Sozialrechts“. Ihr werden weitere folgen, denn das Koordinierungsrecht wird kontinuierlich weiterentwickelt. Die Europäische Kommission bekommt das Recht, die Forschung und Kooperation der Mitgliedstaaten beim Gesundheitsschutz und bei der Arbeitssicherheit zu unterstützen.

1971

Neufas­sung des Koor­di­nie­rungs­rechts

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, werden die verschiedenen Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz koordiniert. Sie hat für den Alltag der Unionsbürgerinnen und -bürger eine erhebliche Bedeutung und bildet die Grundlage für die Einführung der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC), die den Auslandskrankenschein (Formular E111) ersetzt. Am 30. April 2010 tritt sie außer Kraft und wird durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ersetzt.

1980/1983

Erste Arbeits­schutz­richt­li­nien

Mit der Richtlinie 80/1107/EWG vom 27. November 1980 zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit erfährt das 1978 vom Rat beschlossene Aktionsprogramm für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eine erste konkrete Umsetzung. Die Einzelrichtlinie 83/477/EWG vom 19. September 1983 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz tritt in Kraft. Es ist die zweite Einzelrichtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit und wird im Jahr 2009 nach mehrfacher Änderung kodifiziert.

1987

Einheit­liche Euro­päi­sche Akte

Die einheitliche europäische Akte tritt am 1. Juli 1987 in Kraft. Mit ihr soll die Entwicklung des Binnenmarktes forciert werden. Der Ministerrat erhält die Kompetenz, mit qualifizierter Mehrheit Beschlüsse zum Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt zu verabschieden.

1989

Arbeits­schutz-Rahmen­richt­linie

Die Richtlinie 89/391/EWG definiert Pflichten der Arbeitgeber zur Verbesserung der Arbeitnehmersicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit und ist Grundlage für zahlreiche Einzelrichtlinien zum Arbeitsschutz. Zielstellung ist, die Zahl der Arbeitsunfälle und der berufsbedingten Erkrankungen zu verringern. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden verpflichtet, innerhalb ihrer Möglichkeiten für die eigene Sicherheit und Gesundheit sowie für die Sicherheit und Gesundheit von Kolleginnen und Kollegen Sorge zu tragen. Die Richtlinie wird im Laufe der Zeit mehrfach geändert, zuletzt im Dezember 2008 durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008.

1990

Euro­päi­sche Wirt­schafts- und Währungs­union

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbaren die Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Damit soll der europäische Binnenmarkt durch die Herstellung des freien Kapitalverkehrs und einer gemeinsamen Währung mit hoher Preisstabilität ergänzt werden.

1992

Maas­tricht-Vertrag

Unterzeichnet vom Europäischen Rat am 7. Februar 1992 im niederländischen Maastricht werden in dem Vertragswerk die Konvergenzkriterien für den Beitritt zur WWU beschlossen und Obergrenzen für die die Gesamt- und Neuverschuldung festgelegt. Die Haushalte der Sozialversicherung gehen als Parafiski in diese Berechnung mit ein. Im gleichen Jahr folgen Empfehlungen zur Konvergenz der sozialen Sicherungssysteme. Diese bleiben zunächst ohne praktische Konsequenz.

Binnen­markt und Sozi­al­po­litik

Der Binnen­markt gilt als das Herz­stück der EU. Er ist Treiber von Entwick­lungen wie in der Arbeit­neh­mer­frei­zü­gig­keit, im Arznei­mit­tel­be­reich oder bei Medi­zin­pro­dukten. Zugleich geht von ihm die Gefahr aus, wirt­schaft­liche Oppor­tu­ni­täten stärker zu gewichten als sozi­al­po­li­ti­sche Errun­gen­schaften oder soziale Stan­dards. Im Laufe der Zeit ist deut­lich geworden: Ein starker Binnen­markt braucht eine sozi­al­po­li­ti­sche Flan­kie­rung. Mit der Euro­päi­schen Säule sozialer Rechte gibt es dafür einen gemein­schaft­li­chen Werte­kanon, dessen Umset­zung immer wieder erfolg­reich einge­for­dert wird.

1993

Euro­päi­scher Binnen­markt und Gesund­heit

Die Schaffung des europäischen Binnenmarktes schafft den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräften. Über die Prävention weitverbreiteter schwerwiegender Krankheiten durch Forschung, Aufklärung und Gesundheitserziehung soll ein hohes Gesundheitsschutzniveau erreicht werden. Die Europäische Kommission soll die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten fördern und sie bei ihren Maßnahmen unterstützten. Am 14. Juni wird die Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte erlassen.

1995

Zentrale Arznei­mit­tel­zu­las­sung und Gemein­schafts­ver­fahren

Im Rahmen der Gesamtstrategie für einen Binnenmarkt für Arzneimittel wird am 1. Januar 1995 das „zentralisierte“ Verfahren zur Arzneimittelzulassung kodifiziert und der Grundstein für die heutige Europäische Agentur für Arzneimittel gelegt. Das bestehende Gemeinschaftsrecht wird zudem durch die Einführung der „gegenseitigen Anerkennung“ einzelstaatlicher Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln zwischen den Mitgliedstaaten weiterentwickelt.

1997

Stabi­li­täts- und Wachs­tums­pakt

Am 7. Juli wird der Stabilitäts- und Wachstumspakt beschlossen, um solide öffentliche Finanzen für die Wirtschafts- und Währungsunion zu garantieren. Die Obergrenze des Schuldenstands wird mit 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sowie einem maximalen Defizit von drei Prozent des BIP festgeschrieben.

2001

Offene Methode der Koor­di­nie­rung

Der Europäischen Rat in Göteborg vereinbart am 15. Juni die Anwendung der offenen Methode der Koordinierung (OMK) – eine Form der zwischenstaatlichen Politikgestaltung, die keine verbindlichen gesetzgeberischen EU-Maßnahmen zur Folge hat – auf den Bereich Alterssicherung. Es werden elf gemeinsame Ziele festgelegt.

2002

Einfüh­rung des Euro

Am 1. Januar wird die gemeinsame offizielle Währung, der Euro, als Bargeld in zwölf Mitgliedstaaten und drei weiteren Staaten eingeführt. Er tritt zu festgelegten Umrechnungskursen an die Stelle der nationalen Währungen. Die weltweit größte Währungsumstellung wird insbesondere im ersten Jahr begleitet von ungewöhnlichen Preissteigerungen in einzelnen Konsumptionsbereichen. Tatsächlich macht der durchschnittliche, mit der Einführung des Euro-Bargelds verbundene Verbraucherpreisanstieg, aber nur 0,1 bis 0,3 Prozent der Jahresinflation aus.

2003

Nach­hal­tige Renten

Die Anwendung der Offenen Methode der Koordinierung im Bereich der Alterssicherung führt zum ersten gemeinsamen Bericht von Rat und Europäischer Kommission über angemessene und nachhaltige Renten vom 9. Juli 2003. Übergeordnete Ziele sind, dass die Systeme weiterhin ihre sozialpolitischen Aufgaben erfüllen müssen, finanziell nachhaltig sind und den verändernden gesellschaftlichen Erfordernissen Rechnung tragen.

2004

Schutz gegen Karzi­no­gene oder Muta­gene bei der Arbeit

Die Einzelrichtlinie 90/394/EWG vom 28. Juni 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene bei der Arbeit wird nach mehrfacher Änderung kodifiziert. Die Richtlinie ist seitdem viermal geändert worden. Zuletzt – im Jahr 2022 – sind für drei weitere krebserzeugende Stoffe Expositionsgrenzwerte eingeführt bzw. nach unten korrigiert worden.

2005

Euro­päi­sche Seuchen­be­hörde

Am 20. Mai nimmt das Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mit Sitz in Stockholm seine Arbeit auf. Die neue Agentur soll vor allem die Akteurinnen und Akteure im öffentlichen Gesundheitswesen unterstützen. Eine Aufwertung erfährt die europäische Behörde im Zuge der Corona-Pandemie über die Gesetzgebung zur Europäischen Gesundheitsunion Anfang 2022.

2007

REACH-Verord­nung

Die EU-Chemikalienverordnung (EG) Nr. 1907/2006 tritt am 1. Juni 2007 in Kraft. Mit ihr wird das bisherige Chemikalienrecht grundlegend harmonisiert und vereinfacht. REACH steht für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Seit Inkrafttreten wird die Verordnung fortlaufend aktualisiert. Eine Revision mit dem Ziel, nachhaltige Chemikalien zu fördern, die Regelungsprozesse zu straffen und die Belastungen der Umwelt sowie die Risiken für die menschliche Gesundheit zu senken, ist für Ende des Jahres 2023 angekündigt.

2008

Pati­en­tinnen- und Pati­en­ten­mo­bi­lität

Die Europäische Kommission legt ihren Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung vor. Vorausgegangen waren verschiedene Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zwischen 1996 und 2006 zur Kostenübernahme bei grenzüberschreitender Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Rechtskraft erhält die Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im Jahr 2011.

2009

Asbe­stricht­linie

Aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit wird mit der Richtlinie 2009/148/EG vom 30. November 2009 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz das bestehende Recht zum Schutz vor Asbest kodifiziert. Ihr vorausgegangen war die Richtlinie 83/477/EWG vom 19. September 1983, die mehrfach erheblich geändert wurde.

2010

Koor­di­nie­rung der Systeme der Sozialen Sicher­heit

Ab dem 1. Mai gelten die Verordnung (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme er sozialen Sicherheit und ihre Durchführungsverordnung (EU) 987/2009. Sie ersetzen die Verordnung 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern.Erstmalig können auch Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Vaterschaft oder Vorruhestand grenzüberschreitend erbracht werden. Für den elektronischen Austausch von Informationen der sozialen Sicherheit wird ein neues System (EESSI) eingeführt.

2011

Euro­päi­sches Semester

Das Europäische Semester wird erstmals umgesetzt. Damit wird die wirtschafts-, finanz-, sozial- und beschäftigungspolitische Koordinierung zusammengeführt. Eingeleitet wird dieser Prozess alljährlich mit dem Jahreswachstumsbericht im November. Am Ende des Prozesses steht im Juni die Verabschiedung der länderspezifischen Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat.

2012

Ange­mes­sene Renten

Die Europäische Kommission und der Sozialschutzausschuss veröffentlichen ihren ersten Bericht zur Angemessenheit der Renten. Darin wird ein Überblick zu den aktuellen Rentenreformen geben und die wesentlichen Herausforderungen für die Angemessenheit der gegenwärtigen und zukünftigen Renten analysiert. Im Unterschied zur OMK stehen nun Angemessenheitsbericht und Tragfähigkeitsbericht unabhängig voneinander politisch zu Diskussion. Aspekte der Angemessenheit erhalten damit wieder mehr Gewicht.

2016

Revi­sion des Koor­di­nie­rungs­rechts

Im Dezember schlägt die Europäische Kommission Änderungen an den Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vor. Trotz guter Kompromisse insbesondere zur Koordinierung von Pflegeleistungen verhaken sich Rat und Parlament in Fragen des anwendbaren Rechts und der Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Ein Ende des Streits ist nach zwei gescheiterten Trilogen auch Mitte 2023 noch nicht in Sicht.

2017

Medi­zin­pro­dukte

Die Medizinprodukterichtlinien erhalten Verordnungscharakter und werden damit unmittelbar geltendes Recht. Es entstehen die Verordnung (EU) 2017/745 zu Medizinprodukten (MDR) sowie die Verordnung (EU) 2017/726 über In-vitro-Diagnostika (IVDR). Sie treten am 25. Mai 2017 in Kraft. Mit einem Dringlichkeitsgesetz und Verweis auf drohende Mangelsituationen wird Anfang 2023 die Übergangsfristen verlängert. Damit kann das neue Recht in maßgeblichen Teilen immer noch nicht angewendet werden.

2017

Euro­päi­sche Säule Sozialer Rechte

Die seinerzeit 28 Mitgliedstaaten proklamieren am 17. November in Göteborg die europäische Säule sozialer Rechte. Mit ihren 20 Grundsätzen und Prinzipien bildet sie die Richtschnur für ein soziales Europa und einen kongruenten Ansatz für eine europäische Sozialpolitik, der ohne eine Vereinheitlichung der nationalen Sozialschutzsysteme auskommt.

Aktu­elle euro­päi­sche Gesund­heits- und Sozi­al­po­litik

Die aktu­elle 9. Legis­la­tur­pe­riode wird stark von der Corona-Pandemie und ihrer Bewäl­ti­gung geprägt. Die „Euro­päi­sche Gesund­heits­union“ wird nach und nach zur Marke für Initia­tiven, die dazu ange­legt sind, die Krisen­resi­lienz der EU in Bezug auf gesund­heit­liche Bedro­hungen zu erhöhen. Die Sozi­al­schutz­sys­teme erweisen sich in schwie­riger Zeit aber­mals als Stabi­li­täts­anker. Europa nimmt sich im Weiteren großer Zukunfts­themen an. Der „Grüne Deal“ beginnt, in der Gesund­heits- und Sozi­al­po­litik spürbar zu werden.

2020

Euro­päi­sche Gesund­heits­union

Mit der Veröffentlichung eines Pakets aus drei Verordnungsentwürfen reagiert die Europäische Kommission auf die neue gesundheitliche Bedrohungssituation durch COVID-19 und rüstet strukturell auf. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die europäische Seuchenbehörde (ECDC) werden gestärkt, die Kommission gibt sich selbst erweiterte Rechte im Falle von Krisen. Unabhängig hiervon wird parallel eine Diskussion um erweiterte Kompetenzen der EU in der Gesundheitspolitik geführt.

2021

Sozi­al­gipfel Porto

Auf dem Sozialgipfel in Porto am 7. Mai 2021 bekennen sich die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte. Die Sozialpartner verpflichten sich ihrerseits auf die Umsetzung sozialpolitischer Ziele. Ziel ist unter anderem, bis zum Jahr 2030 mindestens 78 Prozent der Erwachsenen in der EU in Lohn und Arbeit zu bringen. Mindestens 60 Prozent aller Erwachsenen soll einmal jährlich eine Fortbildung ermöglicht werden.

2021

Platt­form­be­schäf­ti­gung

Die Europäische Kommission legt einen europaweit gültigen Rahmen für den Zugang zum Sozialschutz und die Arbeitsrechte von Plattformbeschäftigten vor. Damit soll Rechtssicherheit für Plattformbetreiber und -beschäftigte hergestellt werden. Ziel ist, die Vorteile der digitalen Transformation zu nutzen und die europäische soziale Marktwirtschaft zu schützen.

2021

Bewer­tung von Gesund­heits­tech­no­lo­gien, Künst­liche Intel­li­genz

Nach jahrelangem Tauziehen wird die Verordnung (EU) 2021/2282 über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) am 15. Dezember verabschiedet. Mit ihr erfolgt der Einstieg in die gemeinschaftliche Bewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Sie ergänzen die in vielen Mitgliedstaaten durchgeführten Nutzenbewertungsverfahren, ersetzen sie aber nicht. Am 21. April schlägt die Europäische Kommission zudem mit einem Gesetzesentwurf die weltweit ersten Vorschriften für Künstliche Intelligenz (KI) vor.

2022

Euro­päi­scher Gesund­heits­da­ten­raum

Am 3. Mai präsentiert die Europäische Kommission ihre Vorstellungen zu einem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS). Eine EU-weite elektronische Nutzung von Gesundheitsdaten soll die medizinische Versorgung verbessern, der Wissenschaft dienen, Innovationen fördern und politisches Handeln unterstützen. Eine große Herausforderung besteht darin, die Kompatibilität von europäischer und nationalen Telematikinfrastrukturen zu gewährleisten. Daneben müssen die Vorgaben den strengen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung entsprechen.

2022

Änderung der Asbest-Richt­linie

Mit ihrem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz aus dem Jahr 2009 macht die Europäische Kommission einen weiteren Schritt, den Arbeitsschutz zu verbessern. Das Europäische Parlament fordert jedoch noch strengere Vorgaben.

2023

Zukunft des Sozi­al­schutzes

Eine Ende 2021 eingerichtete hochrangige 12-köpfige Gruppe von Expertinnen und Experten zur Zukunft des Sozialschutzes legt am 7. Februar ihren Bericht vor. Untersucht haben sie die Einflüsse von Demografie, Digitalisierung und Klimawandel auf die Sozialschutzsysteme. Im Bericht werden 21 Empfehlungen für die künftige Gestaltung und Finanzierung der Sozialschutzsysteme gelistet. Geraten wird, angesichts der großen Herausforderungen die Einnahmenbasis zu verbreitern und die Maastrichtkriterien zur Staatsverschuldung zu überdenken.

2023

Neue Grenz­werte für Blei und Diiso­cya­nate

Am 13. Februar schlägt die Europäische Kommission strengere Grenzwerte für die Exposition gegenüber Blei am Arbeitsplatz vor. Für die chemische Gruppe der Diisocyanate, die unter anderem in Verbundstoffen zu finden sind, sollen erstmals Grenzwerte eingeführt werden.

2023

Revi­sion der euro­päi­schen Arznei­mit­tel­ge­setz­ge­bung

Am 26. April lässt Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides die Katze aus dem Sack. Die Kommissionsvorschläge für die Revision der europäischen Arzneimittelgesetzgebung stoßen vielfach auf Kritik. Die Kommission hingegen spricht von einem ausgewogenen Balanceakt. Einfacher hat sie es mit einem Vorschlag zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen. Die Länder beschließen dazu am 13. Juni im Rat für „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ (EPSCO) eine Ratsempfehlung.

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