Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung vom 31. Oktober 2025

Überarbeitung der EU-Tabaksteuerrichtlinie (2011/64/EU) sowie der Richtlinie über das allgemeine Verbrauchersteuersystem (2020/262/EU)


Vorbemerkung

Die Europäische Kommission hat am 16. Juli 2025 ein Maßnahmenpaket zur Überarbeitung der EU-Tabaksteuerrichtlinie (2011/64/EU) sowie der Richtlinie über das allgemeine Verbrauchsteuersystem (2020/262/EU) vorgelegt. Damit sollen die geltenden Regeln zur Besteuerung von Tabakprodukten aktualisiert und an neue Markt- und Konsumtrends angepasst werden.

Die Tabaksteuerrichtlinie legt harmonisierte Mindestsätze für verarbeitete Tabakprodukte fest. Den Mitgliedstaaten bleibt es vorbehalten, darüber hinausgehende nationale Steuersätze zu erheben. Mit dem nun vorgelegten Vorschlag sollen insbesondere neuartige Tabak- und Nikotinprodukte, wie zum Beispiel E-Zigaretten und erhitzten Tabak in den Anwendungsbereich einbezogen und bestehende Regelungslücken geschlossen werden.

Die Deutsche Sozialversicherung (DSV) begrüßt diese Initiative der Europäischen Kommission ausdrücklich. Tabakkonsum bleibt die führende Ursache vermeidbarer Krankheiten und Todesfälle in der Europäischen Union (EU). Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben in der Europäischen Region jährlich über 1,2 Millionen Menschen an tabakbedingten Krankheiten. Steuerpolitische Maßnahmen haben sich zur Verringerung des Tabakkonsums als besonders wirksam erwiesen: Laut WHO führt eine Preiserhöhung von 10 Prozent in Industrieländern zu einem Rückgang des Tabakkonsums um rund 4 Prozent – bei Jugendlichen sogar noch stärker. Zudem zeigen internationale Studien, dass einkommensschwächere Gruppen überproportional von den gesundheitlichen Effekten profitieren.

Auch die Einbeziehung neuartiger Tabak- und Nikotinprodukte ist ein überfälliger und ausgesprochen positiver Schritt, um insbesondere Einsteiger und Jugendliche besser zu schützen. Die DSV begrüßt ausdrücklich, dass mit dem Vorschlag der Kommission eine Regulierungslücke geschlossen und ein entscheidender Beitrag zum Gesundheits- und Jugendschutz geleistet wird. Denn der Gebrauch von E-Zigaretten unter Jugendlichen ist keineswegs vereinzelt. Eine Studie der WHO zeigt, dass die Nutzung von E-Zigaretten bei Jugendlichen in Europa deutlich zugenommen hat und sie inzwischen beliebter sind als herkömmliche Zigaretten. Dabei liegt der Nikotingehalt häufig sogar deutlich über dem von klassischen Zigaretten: E-Zigaretten enthalten in der Regel 3–36 mg/ml Nikotin; Ein einzelner Pod, also eine kleine, vorgefüllte Kartusche für E-Zigaretten, kann dabei die gleiche Menge Nikotin enthalten wie eine Packung mit 20 herkömmlichen Zigaretten.

Stellungnahme

Positiv hervorzuheben ist insbesondere:

  • Die Anhebung der Mindeststeuersätze: Sie ist ein wichtiger Schritt, um Preisschlupflöcher zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern und die Wirksamkeit der Steuer als präventives Instrument zu erhöhen. Damit wird die Lenkungswirkung für die öffentliche Gesundheit gestärkt.
  • Die Einbeziehung neuartiger Tabak- und Nikotinprodukte: Sie schließt eine bestehende Regulierungslücke. Gerade E-Zigaretten und erhitzte Tabakerzeugnisse dürfen nicht als preisgünstige Einstiegsprodukte für Jugendliche fungieren. Eine EU-weite Mindestbesteuerung erhöht die Kohärenz der Regulierung und verhindert Wettbewerbsverzerrungen.
  • Die verstärkte Kontrolle von Rohtabak: Sie ist notwendig, um illegale Produktions- und Vertriebswege einzudämmen. Eine bessere Nachverfolgbarkeit und die Einbeziehung in bestehende Kontrollsysteme sind ein zentraler Schritt, um Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen.

Gleichzeitig sieht die DSV noch Spielraum für Nachschärfungen, sowohl innerhalb der Verordnung als auch darüber hinaus:

  • Indexierung der Mindeststeuern: Nach dem Kommissionsentwurf sollen die Mindeststeuersätze lediglich alle drei Jahre überprüft und angepasst werden. Aus Sicht der DSV ist dies unzureichend. Angesichts der dynamischen Preis- und Einkommensentwicklung ist eine jährliche Anpassung erforderlich, um die Wirksamkeit der Steuerpolitik dauerhaft zu gewährleisten. Zudem sollte in der Anpassungsformel ein deutlich höherer Anteil der Kaufkraftentwicklung (Purchasing Power Parities – PPP) berücksichtigt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Tabakprodukte nicht relativ erschwinglicher werden, die steuerliche Lenkungswirkung erhalten bleibt und grenzüberschreitende Ausweichkäufe wirksam verhindert werden.
  • Werbe- und Marketingverbot für neuartige Produkte: E-Zigaretten und Nikotinbeutel werden gezielt über soziale Medien und Lifestyle-Kampagnen an Jugendliche herangetragen. Ein EU-weites Werbe- und Promotionsverbot, analog zu Tabakprodukten, ist notwendig, um den Einstieg wirksam zu verhindern.
  • Konsequentes Aromaverbot: Aromen wie Frucht- oder Süßwaren-Geschmack zählen zu den Hauptgründen für die Attraktivität neuartiger Produkte bei Jugendlichen. Ein EU-weites Verbot aromatisierter Tabak- und Nikotinprodukte ist daher erforderlich, um die Verführbarkeit von Einsteigern einzudämmen.
  • Einheitliche Verpackung und neutrale Aufmachung: Einheitspackungen („plain packaging“) ohne Logos und auffälliges Design haben sich als wirksames Mittel erwiesen, um den Konsum, insbesondere bei Jugendlichen, zu senken und den Werbewert von Verpackungen zu neutralisieren. Auch für E-Zigaretten und Nachfüllbehälter sollte eine neutrale Verpackung verpflichtend sein.

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Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der GKV-Spitzenverband, die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) haben sich mit Blick auf ihre gemeinsamen europapolitischen Interessen zur „Deutschen Sozialversicherung Arbeitsgemeinschaft Europa e.V.“ zusammengeschlossen. Der Verein vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Organen der Europäischen Union sowie anderen europäischen Institutionen und berät die relevanten Akteure im Rahmen aktueller Gesetzgebungsvorhaben und Initiativen. Die Kranken- und Pflegeversicherung mit 75 Millionen Versicherten, die Rentenversicherung mit 57 Millionen Versicherten und die Unfallversicherung mit mehr als 70 Millionen Versicherten in 5,2 Millionen Mitgliedsunternehmen bieten als Teil eines gesetzlichen Versicherungssystems den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland wirksamen Schutz vor den Folgen großer Lebensrisiken.

DSV-Stellungnahme zur EU-Tabaksteuerrichtlinie