Ergänzende Schutzzertifikate
Das Europäische Parlament legt seine Verhandlungsposition fest.
UM – 02/2024
Wenn das Europäische
Parlament am 27. Februar in Straßburg zusammenkommt, wird es auch zu den
meisten Dossiers im Gesetzespaket zum Schutz des geistigen Eigentums seinen
Standpunkt beschließen. Darunter befinden sich auch die beiden Dossiers zu
Schutzzertifikaten für Arzneimittel. Vorlage für die Entscheidung im Plenum
werden die Berichte von Tiemo Wölken (S&D, DE) zum einheitlichen
ergänzenden Zertifikat und zur Neufassung
der Verordnung zum ergänzenden Schutzzertifikat für Arzneimittel sein, die
am 24. Januar im zuständigen Rechtsausschuss (JURI) des Europäischen Parlaments
abgestimmt worden sind.
Wettbewerb versus Innovationsfähigkeit
Auch wenn grundsätzlich weitere Änderungen im Plenum möglich
sind, die Berichte des Rechtsausschusses (JURI) zeigen, mit welchen Verhandlungsschwerpunkten die
Unterhändler des Parlaments in den Trilog ziehen werden. Handlungsleitend war
für die Abgeordneten im Ausschuss, dass es bei den Schutzzertifikaten – wie bei
der Reform des Arzneimittelrechts - entscheidend darauf ankommt, eine gesunde Balance
zwischen dem rechtzeitigen Eintritt von Generika und Biosimilars und damit dem
Wettbewerb auf der einen Seite und dem Erhalt der Innovations- und
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen pharmazeutischen Hersteller auf der
anderen Seite zu wahren.
Per Lizenz zur Marktpräsenz
Schutzzertifikate wirken wie Patente und schützen ein
Originalpräparat vor Konkurrenz. Sie haben zum Zweck, den Hersteller über
zusätzliche Schutzzeiten von bis zu fünf Jahren für die zum Teil langen und
aufwendigen Verfahren zu kompensieren, die notwendig sind, um ein Produkt zur
Marktzulassung zu bringen. Die Abgeordneten möchten mit der Einführung eines
einheitlichen europäischen Schutzzertifikats die Chance nutzen, dieses zu einem
Instrument auszubauen, das dabei hilft, dass neue Arzneimittel auf möglichst
vielen Märkten erhältlich sind. Dazu soll der Inhaber des Zertifikats die
Rechte aus diesem per Lizenz vergeben können, wenn er selbst kein Interesse an
einer Vermarktung hat.
Gleiches Recht für alle
Um europäische Hersteller vor Wettbewerbsnachteilen zu
schützen, sollen die Rechte aus Schutzzertifikaten aber auch eingeschränkt
werden können. Nämlich dann, wenn die Herstellung des Arzneimittels
ausschließlich zum Zweck der Ausfuhr in Drittländer erfolgen soll. Schließlich würden
die Schutzrechte auch nicht für die Konkurrenten aus den Drittländern gelten.
In diesen Fällen soll die Herstellung des Arzneimittels auch ohne Zustimmung
des Zertifikatsinhabers erfolgen können.
Für mehr Verfahrenseffizienz
Im JURI ist man auch der Meinung, dass es in bestimmten
Fällen erforderlich sein könnte, Entscheidungen über die Vergabe von ergänzenden
Schutzzertifikaten schneller herbeizuführen. Dafür soll ein beschleunigtes
Prüfungsverfahren eingerichtet werden. Der Verfahrenseffizienz soll dienen, dass
alle Antrags-, Stellungnahme-, Beschwerde- und sonstige Verwaltungsprozesse verpflichtend
elektronisch erfolgen. Den zuständigen Ämtern – im Falle des einheitlichen
europäischen Zertifikats das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)
mit Sitz in Alicante und im Falle national zu vergebender ergänzender
Schutzzertifikate die nationalen Patentämter – sollen verpflichtet werden,
innerhalb von sechs Monaten, beziehungsweise vier Monaten in einem
beschleunigten Verfahren, über die Anträge zu entscheiden. Die Fristen waren
für die Abgeordneten offenbar so wichtig, dass sie deren Festlegung nicht den Durchführungsrechtsakten
durch die Europäische Kommission überlassen wollten.
Transparenz ist Gebot
Schon in den Verordnungsentwürfen der Europäischen
Kommission fanden sich Vorgaben zur Einrichtung von Registern - sowohl für die
Einheitsbescheinigung als auch für die national zu vergebenden Zertifikate. In
diesen sollen neben den Grundangaben zum Antrag auch Laufzeiten der Zertifikate
und Verfahrensinformationen zusammengeführt werden. Der JURI drängt darauf,
dass diese Register öffentlich zugänglich gemacht werden und diese auch Angaben
zur direkten finanziellen öffentlichen Unterstützung der Entwicklung des
Produkts aufzunehmen. Sein Vorschlag geht aber nicht so weit wie jener der Grünen bei
der Arzneimittelreform. Die grünen Schattenberichterstatterinnen hatten vorgeschlagen, die Daten des Auslaufens von
Patentschutz und regulatorischem Schutz gemeinsam transparent zu machen. Eine
Forderung, die den Generikawettbewerb unterstützen soll und welche die DSV
uneingeschränkt teilt. Vielleicht könnte dieser Gedanke im Trilog zur Reform
des Schutzes des geistigen Eigentums aufgegriffen werden?