Ministerrat bestätigt vorläufige Einigung zur Plattformarbeit
Belgien gelingt Zustimmung ohne die Stimmen von Frankreich und Deutschland.
VS – 03/2024
Der Ministerrat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit
und Verbraucherschutz“ (EPSCO) hat am 11. März nach mehreren gescheiterten
Anläufen die im Trilog erzielte vorläufige
Einigung zum Richtlinienvorschlag
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit bestätigt. Damit
kann das Dossier noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Der
Gesetzentwurf soll dazu beitragen, dass der Beschäftigungsstatus von
Plattformbeschäftigten korrekt eingestuft wird. Grundlage hierfür ist das tatsächliche
Beschäftigungsverhältnis. Auch enthält die Richtlinie erstmalig EU-Vorschriften
über das algorithmische Management und den Einsatz von künstlicher Intelligenz
(KI) am Arbeitsplatz.
Streitpunkt Statusfeststellung
Seit der
Vorstellung des Kommissionsentwurfs drehte sich die Diskussion um die Ausgestaltung der Feststellung des
Beschäftigungsstatus von Plattformbeschäftigten. Im Fokus standen dabei
insbesondere die Kriterien, anhand derer der tatsächliche Beschäftigungsstatus
für die widerlegbare Vermutung geprüft wird. Der Kommissionsentwurf sah fünf
Kriterien vor. Danach sollte die Vermutung ausgelöst werden, wenn zwei der fünf
Kriterien erfüllt sind. Der Rat erhöhte den Schwellenwert auf drei von sieben
Kriterien, während sich das Parlament gegen EU-weit verbindliche Kriterien
ausgesprochen hat. Ein für beide Seiten zustimmungsfähiger Kompromiss konnte in
der Folge nicht gefunden werden.
Kreative Lösung durch belgische Ratspräsidentschaft
In der
am 8. Februar zwischen den Verhandlungsführerinnen und -führer des Europäischen
Parlaments und des Rats erzielten vorläufigen Einigung wurde daher ein neuer
Ansatz gewählt. Auf harmonisierte Bedingungen für die Auslösung der
widerlegbaren Beschäftigungsvermutung wird verzichtet. Stattdessen werden die
Mitgliedstaaten verpflichtet, einen wirksamen Mechanismus für die widerlegbare
Beschäftigungsvermutung aufzustellen, ohne auf Einzelheiten ihrer Anwendung
einzugehen. Neu eingeführt wurde der Begriff „Tatsachen“. Die Feststellung des
Beschäftigungsstatus soll auf Tatsachen basieren, die auf eine Kontrolle und
Leitung hinweisen. Grundlage hierfür sind die in den Mitgliedstaaten geltenden
nationalen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
Verfahrenserleichterungen und Beweislast
Die Mitgliedstaaten
werden zu effektiven Verfahrenserleichterungen für Plattformbeschäftigte
gegenüber dem jeweiligen Status quo verpflichtet. Dies gilt insbesondere für
das Auslösen einer Statusfeststellung durch Plattformbeschäftigte oder ihre
Vertreterinnen und Vertreter sowie den damit verbundenen Nachweispflichten. Im
Fall, dass die gesetzliche Vermutung ausgelöst wird, können die digitalen
Arbeitsplattformen die Einstufung anfechten. Die Beweislast, dass kein
Arbeitsverhältnis vorliegt, liegt jedoch bei den digitalen Arbeitsplattformen.
Die im
ursprünglichen Kommissionsentwurf vorgesehene Regelung, wonach im Fall eines
Widerspruchs die Statuseinstufung bis zur endgültigen Entscheidung gilt, ist im
Gesetzentwurf nicht mehr enthalten.
Regelungen zum Einsatz künstlicher Intelligenz
Mit
dem Gesetzentwurf werden erstmals verbindliche Regeln für algorithmisches
Management und den Einsatz künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz festgelegt.
Damit findet das Gesetz zur künstlichen Intelligenz Eingang in das Arbeitsrecht
und wird dem durch digitale Prozesse geprägten Beschäftigungsverhältnis von
digitalen Arbeitsplattformen und Plattformbeschäftigten Rechnung getragen.
So
wird digitalen Arbeitsplattformen untersagt, Entscheidungen wie Entlassungen
oder die Sperrung eines Kontos ohne menschliche Aufsicht zu treffen. Auch
werden die digitalen Arbeitsplattformen verpflichtet, die Auswirkungen von
Entscheidungen auf Basis automatisierter Überwachungs- und
Entscheidungssystemen auf Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit sowie
Grundrechte zu bewerten.
Mit
den neuen Vorschriften werden auch Transparenzregelungen für die digitalen
Arbeitsplattformen eingeführt. Danach sind Informationen zur Funktionsweise der
Algorithmen und wie sich ihr Verhalten auf die von den automatisierten Systemen
getroffenen Entscheidungen auswirkt, den Plattformbeschäftigten und ihren
Vertretern zur Verfügung zu stellen.
Wie geht es weiter?
Der
Gesetzentwurf wird am 22. April dem Plenum des Europäischen Parlaments zur
Billigung vorgelegt. Der Ministerrat wird im Anschluss das Gesetz formal
verabschieden.