Recht auf Nichterreichbarkeit
Sozialpartner teilen ihre Meinung.
SK – 07/2024
Bis zum 11. Juni 2024 waren die europäischen Sozialpartner
in einer ersten Konsultationsrunde dazu aufgerufen, sich gegenüber der
Europäischen Kommission zu den Chancen und Herausforderungen der Telearbeit und
dem Recht auf Nichterreichbarkeit zu äußern. Außerdem sollten sie auch eine
Einschätzung darüber abgeben, ob die Europäische Union (EU) hier aktiv werden
und Maßnahmen ergreifen sollte.
Der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC), der Europäische
Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (SGIEU), die Union der Industrie-
und Arbeitgeberverbände Europas (Business Europe) und der Europäischer Bund der
unabhängigen Gewerkschaften (CESI) haben ihre Positionen zur ersten
Konsultationsrunde veröffentlicht. Dabei wurde deutlich, dass wie bei den
ergebnislosen Verhandlungen zur Aktualisierung ihrer Rahmenvereinbarung über
Telearbeit aus dem Jahr 2002 auch hier die Meinungen auseinandergehen.
Während Business Europe kritisiert, dass das Konsultationsdokument
der Europäischen Kommission sich stärker auf die Nachteile und Risiken für
Arbeitnehmer konzentriert, findet ETUC, dass die Chancen und Herausforderungen
weitgehend richtig erkannt worden sind. Fehlende Elemente wie der Zugang von
Telearbeitenden zu Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern (ETUC) oder positive
Auswirkungen der Telearbeit auf die Umwelt (CESI und SGIEU) sollten ergänzt
werden. Außerdem gibt SGIEU zu bedenken, dass Chancen und Herausforderungen
auch in den verschiedenen Kontexten der Telearbeit gesehen werden müssen, da sich
diese von Sektor zu Sektor unterscheiden können. Was für einen Sektor eine
Herausforderung darstellt, könnte für einen anderen Sektor eine Chance sein und
umgekehrt.
Handeln auf EU-Ebene
Ähnlich gemischt war das Feedback auch in Bezug auf die
Frage, ob EU-Maßnahmen erforderlich sind. Die Vertreter der Arbeitgeberseite
sehen zwar die Notwendigkeit einer neuen Richtlinie, die sowohl die Telearbeit
als auch das Recht auf Nichterreichbarkeit regelt. Sie warnen jedoch vor Überregulierung.
Vielmehr sei auf die Komplementarität mit bestehenden gesetzlichen Regelungen
zu achten. Business Europe verweist in diesem Zusammenhang auf die geltende Arbeitszeitrichtlinie,
SGIEU darüber hinaus auf bestehende autonome Rahmenvereinbarungen der EU. Fragen
zur Ausrüstung und zu den Kosten, die durch Telearbeit entstehen, sollten nicht
auf EU-Ebene geregelt werden. Auch ETUC betont die Wichtigkeit bestehender
Konzepte. Die Europäische Kommission müsse ein Recht auf Nichterreichbarkeit aber
nicht erst einführen, sondern das schon bestehende Recht besser durchsetzen.
Zielrichtung der zweiten Runde
Der Konsultationsprozess ermöglicht es den europäischen
Sozialpartnern, direkten Einfluss auf die Ausarbeitung neuer
Gesetzesinitiativen zu nehmen. In der nächsten Phase fasst die Europäische
Kommission die Ergebnisse dieser Runde in einem zweiten Konsultationsdokument
zusammen, das den europäischen Sozialpartnern ebenfalls übermittelt wird. In diesem
Konsultationsdokument wird auch auf den möglichen Anwendungsbereich und Inhalt
des geplanten Legislativvorschlags eingehen.