Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung vom 14. Februar 2024

Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 im Hinblick auf die schrittweise Einführung von Eudamed, die Informationspflicht bei Versorgungsunterbrechungen und Übergangsbestimmungen für bestimmte In-vitro-Diagnostika

Vorbemerkung

Die Europäische Kommission hat am 23. Januar einen Verordnungsvorschlag zur Änderung der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 in Bezug auf die schrittweise Einführung von Eudamed, die Informationspflicht bei Versorgungsunterbrechungen und die Anpassung der Übergangsbestimmungen für bestimmte In-vitro-Diagnostika (IVD) veröffentlicht. IVD sind Tests, bei denen anhand biologischer Proben der Gesundheitszustand einer Person bestimmt wird, z. B. HIV-Tests, Schwangerschaftstests oder Blutzuckermessgeräte. Ähnlich wie bei der im letzten Jahr angepassten Medizinprodukteverordnung (MDR) sieht der Kommissionsvorschlag eine Anpassung der In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDR) vor, um den Herstellern mehr Zeit für die Zertifizierung von IVD einzuräumen. Neben der Verlängerung der Übergangsfristen schlägt die Europäische Kommission auch zwei grundlegende Anpassungen vor, die auch die MDR betreffen. Zum einen eine Informationspflicht der Hersteller von Medizinprodukten und IVD bei Versorgungsunterbrechungen und zum anderen eine beschleunigte Einführung der Europäischen Medizinprodukte-Datenbank (Eudamed).

Stellungnahme

Die DSV begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission ausdrücklich.

Verlängerung der Übergangsfristen für IVD

Die befristete risikobasierte Verlängerung der Übergangsfristen für IVD ist sinnvoll, um Versorgungsengpässen bei diesen Produkten entgegenzuwirken. Angesichts der bisher geringen Anzahl von Zertifizierungen und dafür zuständige Stellen (sog. Benannte Stellen) ist dies nachvollziehbar. Um die Produktsicherheit weiterhin zu gewährleisten, ist es jedoch wichtig, dass die im Kommissionsvorschlag vorgesehenen strengen Auflagen an die Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten erfüllt werden.

Beschleunigte Einführung von Eudamed

Die beschleunigte Einführung und verpflichtende Nutzung bereits funktionierender Module von Eudamed ist aus Sicht der DSV sehr zu begrüßen. Die bisherige Verpflichtung, die Datenbank erst dann zu nutzen, wenn alle Module funktionsfähig sind, hat sich als einschränkend erwiesen.

Meldepflicht bei Versorgungsunterbrechungen

Mit dem Verordnungsentwurf soll der Artikel 10a in der Richtlinie (EU) 2017/745 sowie der Richtlinie (EU) 2017/246 regeln, dass Hersteller künftig bei Versorgungsunterbrechungen mit ihren Produkten die zuständige Behörde des Mitgliedstaates zu informieren haben, in dem sie ansässig sind. Eine Meldung ist jeweils dann verpflichtend, wenn die Unterbrechung schwerwiegende Auswirkung auf die Gesundheit von Patientinnen und Patienten oder die öffentliche Gesundheit haben oder haben können. Die Meldung soll sechs Monate vor Beginn der antizipierten Versorgungsunterbrechung erfolgen.

Die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Regelungen zur Meldepflicht für Hersteller, wenn „kritische“ Produkte vom Markt genommen werden, werden von der DSV sehr begrüßt. Transparenz ist der Schlüssel zur Sicherung der Versorgung mit Medizinprodukten und IVD. Die vorgesehene Regelung soll sicherstellen, dass die zuständigen Behörden frühzeitig über Versorgungsengpässe bei Medizinprodukten und IVD informiert werden. Darüber hinaus versetzen diese verpflichtenden Meldungen die Behörden ihrerseits in die Lage, die behandelnden Einrichtungen, aber auch die Patientinnen und Patienten sowie die Sozialversicherungen frühzeitig über zu erwartende Versorgungsengpässe zu informieren und ggf. Maßnahmen zur Abwehr daraus resultierender Gefahren zu ergreifen.

Die vorgesehene Regelung ist jedoch noch zu unspezifisch, daher schlägt die DSV folgende Anpassungen vor:

  • Lieferengpässe bei Medizinprodukten und IVD entstehen nicht nur durch Unterbrechungen der Lieferkette, sondern auch durch Marktrücknahmen von Herstellern. Dies sollte ergänzt werden, um hier Klarheit zu schaffen.
  • Um die Gründe für das Auftreten von Engpässen systematisch nachvollziehen und gegebenenfalls gezielte Anpassungen an der MDR vornehmen zu können, sollte vorgesehen werden, dass die Kommission regelmäßig eine Auswertung der bei den nationalen Behörden eingegangenen Engpassmeldungen veröffentlicht.
  • Es ist unklar, unter welchen Voraussetzungen von einem „ernsthaften Schaden oder dem Risiko eines ernsthaften Schadens für Patienten oder die öffentliche Gesundheit in einem oder mehreren Mitgliedstaaten“ auszugehen ist. Die DSV schlägt vor, die Expertengruppen der EU-Kommission gemäß Artikel 106 der Verordnung (EU) 2017/745 zu beauftragen, konkrete Versorgungsfelder (z. B. Kinderkardiologie, Kinderonkologie) zu benennen, in denen grundsätzlich von der Gefahr schwerwiegender Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten durch einen Versorgungsengpass oder gar eine Marktrücknahme von Medizinprodukten auszugehen ist und in denen immer eine Meldung zu erfolgen hat.

Über uns

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der GKV-Spitzenverband, die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) haben sich mit Blick auf ihre gemeinsamen europapolitischen Interessen zur „Deutschen Sozialversicherung Arbeitsgemeinschaft Europa e.V.“ zusammengeschlossen. Der Verein vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Organen der Europäischen Union sowie anderen europäischen Institutionen und berät die relevanten Akteure im Rahmen aktueller Gesetzgebungsvorhaben und Initiativen. Die Kranken- und Pflegeversicherung mit 74 Millionen Versicherten, die Rentenversicherung mit 57 Millionen Versicherten und die Unfallversicherung mit mehr als 70 Millionen Versicherten in 5,2 Millionen Mitgliedsunternehmen bieten als Teil eines gesetzlichen Versicherungssystems den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland wirksamen Schutz vor den Folgen großer Lebensrisiken.

DSV-Stellungnahme IVDR/MDR-Anpassung