Obwohl die Steuerlasten in Frankreich für Bürger und Unternehmen zu den höchsten in Europa gehören, will Kandidat Hamon im Wahlkampf mit mehr Umverteilung punkten.

GD/AD – 02/2017

Die jüngsten Entwicklungen im Vorwahlkampf um das Amt des französischen Staatspräsidenten haben das Klima der Ungewissheit verstärkt. Im Zentrum der Entwicklungen stehen die Vorwürfe an den Kandidaten der bürgerlichen „Republikaner“ (ehemals die Partei Sarkozys) François Fillon, seine Ehefrau jahrelang als Parlamentsassistenten von sich selbst und seinem Nachfolger beschäftigt zu haben, ohne dass man sie vor Ort jemals bemerkt hätte; ein belastender Effekt in einem Vorwahlkampf, der wesentlich durch die Auseinandersetzung mit der Front National bestimmt wird.  

Bei den noch regierenden Sozialisten ist die Entscheidung vermutlich schon gefallen: in einem recht dramatischen Vorwahlkampf schlug Benoît Hamon, Linkssozialist und einst „Schüler“ Michel Rocards, den Ex-Premier Manuel Valls deutlich aus dem Feld. Hamons Ideologie ist durch massive gesellschaftliche Umverteilungsvorstellungen geprägt, die nach Meinung vieler sowohl die bisherige Rolle seines Landes in der EU als auch die deutsch-französische Zusammenarbeit berühren würden. Gipfel seiner Versprechungen ist das schrittweise einzuführende bedingungslose Grundeinkommen für alle in Höhe von zwischen 750 und 800 EUR monatlich. Wie der „Figaro“ meldet, addierten sich die Gesamtkosten allein dieses Projektes auf mindestens 350 Milliarden EUR pro Jahr.  

Schon heute ist Frankreich von der magischen Verschuldungsgrenze von 100 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes (BIP) nicht mehr weit entfernt. Die Steuerlasten für Bürger und Unternehmen – sowohl im Bereich der Besteuerung von Arbeitseinkünften als auch derjenigen von Besitz und Vermögen – zählen zu den höchsten in Europa. Auf der anderen Seite dieser ernüchternden Bilanz steht eine massive Staatsquote, dargestellt an einer seit Jahrzehnten überbordenden Ausweitung des öffentlichen Sektors. Neben einer bedrückenden allgemeinen Arbeitslosigkeit fällt diejenige für junge Menschen mit 25,9 Prozent sozialpolitisch erheblich ins Gewicht.  

Für Deutschlands und Europas Zukunft steht in Frankreich einiges auf dem Spiel. Die Erschütterung eines tatsächlichen Wahlsieges der Marine LePen wären im Vergleich zu den US-Entwicklungen ein bedrohliches polit-strukturelles Erdbeben mit nicht mehr berechenbaren sozialen und ökonomischen Auswirkungen für Euro, Export, EU und unsere soziale und politische Zukunft.