Nach dem Willen der Bundesregierung soll das deutsche Kindergeld für EU-Ausländer auf das Niveau des Landes, in dem die Kinder wohnen, gesenkt werden. Nur wegen des Widerspruchs der EU-Kommission verzichtete man bisher auf gesetzgeberische Schritte.

GD/AD – 06/2017

Das Vorhaben hat im April das Bundeskabinett passiert, jedoch wurde es danach bisher nicht weiter verfolgt. Die Europäische Kommission hatte der seinerzeitigen britischen Regierung Cameron im Februar 2016 ein vergleichbares nationales Anliegen als Entgegenkommen zur Vermeidung des Brexit in ein Kompromisspaket gelegt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Thematik im Bundestagswahlkampt auftaucht, denn nach Ansicht von EU-Kritikern handele die EU hier mit konstanter Bosheit. 

Kürzungen um bis zu 75 Prozent

Die Kindergeld-Zahlungen sollen je nach Heimatland auf die örtlichen und damit tatsächlichen Lebenshaltungskosten reduziert werden, wenn Kinder von in Deutschland lebenden EU-Ausländern sich dauerhaft im Ausland aufhalten. Für Rumänien, Polen, Ungarn, Kroatien und Bulgarien sollen nur noch 50 Prozent und für Griechenland, Tschechien oder Zypern 75 Prozent des in Deutschland geltenden Kindergeld-Satzes ausgezahlt werden. Für Belgien oder Schweden soll der volle Satz gezahlt werden. 2016 wurden für rund 168.400 in anderen EU-Staaten lebende Kinder ausländischer EU-Bürger knapp 537 Millionen Euro Kindergeld von deutschen Kindergeldkassen ausgezahlt. 

Rechtslücken laden zum Missbrauch ein

Unabhängig von der sozialpolitischen Dimension sind viele Experten der Ansicht, dass Rechtslücken bei dem wachsenden Wohlstandsgefälle in steigend professionalisierter Form zum Missbrauch geradezu einlüden. Auch der Ansatz, die EU-Steueridentifikationsnummer als Voraussetzung und Identifikationshilfe zur Auszahlung des Kindergeldes zu verlangen, könne nur begrenzt wirksam sein: verbreitete Korruption in vielen Teilen Süd- und Südosteuropas sowie der Umstand, dass bestimmte Personengruppen auch daheim vermutlich niemals steuerlich erfasst worden seien, da sie kaum einer anderen als einer Schwarzarbeit nachgegangen seien, weiche hier von deutschen und anderen EU-Gepflogenheiten ab. Selbst Abstammungsnachweise, Meldebescheinigungen oder Geburtsurkunden seien, so diese Auffassung, nicht unbedingt gegen Gefälligkeitsausstellungen ohne faktischen Bezug geschützt.