Rede zur Lage der Union: EU-Kommis­si­ons­prä­si­dent Jean-Claude Juncker fordert die Erwei­te­rung der Euro­zone auf alle Mitglied­staaten (Euro-27) und den Posten eines Euro­päi­schen Wirt­schafts- und Finanz­mi­nis­ters.

GD/AD – 09/2017

In Zeiten erheblichen Klärungsbedarfs für eine künftig tragende EU-Strategie trug Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor dem Europäischen Parlament in Straßburg am 13. September 2017 seine Vision der zukünftigen Entwicklung der Europäischen Union vor. Dies geschah vor dem Hintergrund seiner eher alternativ klingenden strategischen Grundsatzszenarien aus dem Frühsommer. Im Zentrum steht ein kompromissloses Bekenntnis zu einem „Weiter-so!“, ergänzt um zahlreiche inhaltliche Vertiefungen. So fordert er unter anderem eine „möglichst rasche Einführung des Euro in allen EU-Staaten.“ 

Zu etlichen Details, darunter der Frage nach der vereinigten protokollarisch-inhaltlichen Führungsposition − „ein Kapitän“ − gehört auch die Vision eines zentral verantwortlichen Europäischen Wirtschafts- und Finanzministers mit Interventionsvollmacht für nationale Haushalte. Mit dieser Verdeutlichung hat sich Juncker eindeutig auf eine „Vertiefung der bestehenden Gemeinsamkeiten“ festgelegt, die in seinen strategischen Alternativen noch als eine unter anderen Optionen dargestellt wurde. 

Euro-26 ist vertrag­lich schon verein­bart

Erwartungsgemäß fielen die Reaktionen von Politikern und Meinungsbildnern stark unterschiedlich aus. Das Spektrum reicht von völliger Ablehnung bis zur mehr oder weniger uneingeschränkten direkten Zustimmung. Die deutsche Bundesregierung „begrüßt“ zwar die Stoßrichtung Junckers, so durch den Bundesaußenminister Sigmar Gabriel: „Jean-Claude Juncker weist den richtigen Weg für die Einheit unseres Kontinents“, verweist aber zugleich an anderer Stelle in weit weniger euphorischem Tonfall auf die bereits existierende „geltende Rechtslage“, nach der alle Nicht-Euro Staaten mit Ausnahme Großbritanniens und Dänemarks sich „grundsätzlich verpflichtet“ hätten, den Euro einzuführen. Zudem seien hierzu „bestimmte Kriterien zu erfüllen“ und das Verfahren sei ein „längerer Prozess“.  

Bittere Kritik kommt aus Teilen des EU-Auslands: viele in Schweden etwa empfinden eine Aufdrängung des Euro als politische Zumutung. Nach einer Volksabstimmung im Jahre 2003, die ein eindeutiges „Nein“ zur Euroeinführung erbrachte, hat keine Regierung erneut ernsthaft versucht, die Gemeinschaftswährung einzuführen. Auch ohne rechtliche Verpflichtung für ein erneutes Volksvotum wäre ein solcher Schritt nach Meinung schwedischer Politikkenner derzeit für jede Partei „politischer Selbstmord“.  

Von Schul­den­abbau keine Rede

Französische Beobachter verweisen auf die Differenzen zu Macrons EU-Vision von einer „Neugründung“ – gemeint ist eine EU mehrerer Geschwindigkeiten und Vertiefungsgrade nebst mehrerer Europäischer Parlamente. Beide Vorschläge wirken angesichts ungelöster Tagesprobleme eher problemtreibend als problemlösend. Mehr Gesamtkonsens sei auf diese Weise in der EU kaum zu erzielen. Auffällig sei auch das Nichterwähnen der wachsend unerträglichen Schuldensituation im Euroraum. Schließlich würden kaum Länder – außer Deutschland – Schulden abbauen. Junckers eher politische als sozialökonomische Visionen würden dies ausblenden, hieß es. 

Link zur Rede

Die „autorisierte Rede zur Lage der Union 2017“ und weitere dazugehörige Dokumente finden Sie auf einer Sonderseite der Europäischen Kommission

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