Welche Rolle spielen die Sozialversicherungsträger bei der Finanzierung und Implementierung digitaler Infrastrukturen im Gesundheitswesen?

ST/MS – 11/2017

Das Thema „Digitale Gesundheit und die europäische Sozialversicherung“ stand am 10. Oktober 2017 im Mittelpunkt einer Expertenrunde der European Social Insurance Platform (ESIP) im Europäischen Parlament. 

 

Gemeinsam mit dem EVP-Europaabgeordneten Michał Boni aus Polen, der sich intensiv mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen beschäftigt, wurde das Potenzial der digitalen Transformation und die Rolle der Sozialversicherungsträger bei der Finanzierung und der Implementierung digitaler Infrastrukturen im Gesundheitswesen diskutiert. 

Perspektiven der Krankenversicherungen

In einem ersten Panel disktutierten Experten aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden über nationale Erfahrungen und Perspektiven.  

 

Der GKV-Spitzenverband berichtete über die Einführung der Telematikinfrastruktur in Deutschland. Vor allem die hohen Sicherheitsstandards und langen Entscheidungsfindungsprozesse innerhalb des deutschen Gesundheitswesens würden zu Verzögerungen bei der Umsetzung der Digitalisierung führen.  

 

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger informierte über das Projekt zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (ELGA). Damit könnten österreichische Versicherte bereits auf Befundberichte und Arzneimittelverschreibungen online zugreifen. Ärzte, Krankenhäuser und Patienten seien dadurch miteinander vernetzt.  

 

Der Vertreter des niederländischen Krankenversicherungsinstituts erinnerte daran, dass nicht jede Innovation auch gleichzeitig eine Verbesserung für die Gesundheitsversorgung bedeute. Zwar wecke die Digitalisierung hohe Erwartungen, die entsprechenden Projekte würden aber oftmals schlecht umgesetzt. Gleichzeitig mahnte er, dass die Personalisierung der Versorgung nicht zur Abkehr vom Solidaritätsprinzip führen dürfe.  

Perspektive der EU-Entscheidungsträger, Ärzte und Industrie

In einem zweiten Forum erklärte eine Repräsentantin des estnischen Gesundheitsministeriums, dass die aktuelle estnische Ratspräsidentschaft die Mitgliedstaaten bei der Digitalisierung voranbringen möchte. Estland könne auf eine umfangreiche Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung verweisen und andere Sozialversicherungsträger in der Umsetzung bestärken.  

 

Die Vertreterin der europäischen Ärzteschaft (CPME) hob hervor, dass durch die Digitalisierung doppelte Arbeitsschritte vermieden und Expertenwissen besser ausgetauscht werden könne. Jedoch sollten digitale Lösungen die Arbeit der Gesundheitsdienstleister nur ergänzen.  

 

Ein Vertreter von Philips erklärte, das Unternehmen wolle zur Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen und eine bessere Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Akteuren ermöglichen. Dafür würden klare Regeln im Bereich der Datenwirtschaft und bei der digitalen Infrastruktur benötigt.  

 

Die Europäische Kommission fasste abschließend zusammen, dass Kostenträger einen größeren Einfluss als andere Organisationen auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens hätten und den Wandel aktiv vorantreiben sollten. Zwar gebe es ähnliche Probleme in den Mitgliedstaaten, doch suchten die Länder nach nationalen anstatt europäischen Lösungen.  

 

Schlussendlich bestand Einigkeit darin, dass die EU vor allem einen legislativen Rahmen bei Datenschutzstandards, Standards für Gesundheitstechnologien und der Interoperabilität setzten sollte.  

 

Die ESIP-Pressemitteilung zum Event finden Sie hier.