
Geschlechterspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt
Wie können diese überwunden werden?
WN – 01/2021
Eine kürzlich veröffentlichte Studie im Auftrag des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der
Geschlechter (FEMM) des EU-Parlaments befasste sich mit dem Thema prekärer
Arbeit in der EU aus einer Gender- sowie intersektionalen Perspektive.
Als prekäre Arbeit werden in dem Zusammenhang solche
Arbeitsverhältnisse verstanden, die mindestens eines der folgenden Kriterien
erfüllen: sehr geringe Bezahlung, geringe Zahl an Arbeitsstunden oder eine
niedrige Arbeitsplatzsicherheit, z.B. in Form von befristeten Verträgen, Jobs
mit geringem Anforderungsgrad, nicht ausreichendem Sozialschutz oder einem
Mangel an sozialen Rechten.
Überschuss an Frauen in pflegenden Berufen
Im Ergebnis wird deutlich, dass Frauen und darunter insbesondere
junge Frauen mit einem Migrationshintergrund oder niedrigem Ausbildungsstand,
besonders gefährdet sind, in prekären Arbeitsformen (dauerhaft) tätig zu sein. Einer
der Hauptgründe dafür sei die überproportionale Präsenz von Frauen in
betreuenden und pflegenden Berufen sowie in häuslicher Arbeit. Vor allem diese
Sektoren waren und sind weiterhin besonders stark von der COVID-19-Pandemie
betroffen. Darüber hinaus haben vor allem Frauen den durch die Coronakrise
ausgelösten Betreuungsaufwand ihrer Kinder geleistet.
Handlungsoptionen
Basierend auf den Ergebnissen werden verschiedene
Empfehlungen formuliert, welche die Situation von Frauen in prekärer Arbeit
verbessern sollen. Darunter sind auch Vorschläge mit Blick auf die
EU-Gesetzgebung: Hier wird insbesondere auf das Thema der Lohntransparenz
hingewiesen, welche lebenslange Konsequenzen geschlechtsspezifischer
Lohngefälle aufzeigen soll. Daneben sollen Änderungsvorschläge für bereits
bestehende EU-Regelungen, z.B. in Bezug auf die Richtlinie zur Vereinbarkeit
von Beruf und Privatleben, den Schutz Alleinerziehender weiter zu verbessern,
die ebenfalls oft in prekären Arbeitsformen tätig sind.
Politischer Ausblick
Bereits im März vergangenen Jahres stellte die Kommission
ihre Strategie
für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 vor. Im Rahmen einer Entschließung zu dieser Strategie forderte das Europäische Parlament aktuell unter anderem,
dass die Kommission verbindliche Maßnahmen in Bezug auf die Lohntransparenz zur
Überwindung der geschlechtsspezifischen Lohngefälle vorlegen solle. Ein
entsprechender Kommissionsvorschlag war bereits für Ende 2020 angekündigt,
steht jedoch noch aus.
Solche und weitere Maßnahmen, die die Arbeits- und
insbesondere die Lohnbedingungen von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen
verbessern, tragen schließlich dazu bei, die Zahl sozialversicherungspflichtig
Beschäftigter zu erhöhen und die Sozialsysteme der Mitgliedstaaten zu entlasten.