Harmonisierung des Insolvenzrechts in der EU
Besondere Schutzbedürftigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen im Insolvenzrecht sichern.
RB – 02/2021
Im Rahmen der Vorstellung der „Kapitalmarktunion“
vom 24. September 2020 wurde eine zielgerichtete Mindestharmonisierung für
ausgewählte Bereiche angekündigt. Darauf folgte zum 18. Dezember 2020 das
öffentliche Konsultationsverfahren über die Angleichung des nationalen Insolvenzrechts. Die Deutsche
Sozialversicherung setzt sich weiterhin für die Schutzbedürftigkeit von
Sozialversicherungsbeiträgen ein.
Was möchte die Europäische Kommission erreichen?
Ineffiziente Insolvenzverfahren verzögern die
Wiederherstellung von Unternehmenswerten mit negativer Auswirkung auf die
Produktivität, den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Entwicklung, so die
Europäische Kommission. Insbesondere sei national abweichendes Insolvenzrecht ein
wesentlicher Grund für zurückhaltende, grenzüberschreitende Investitionen, da
die Befriedigung von Forderungen in Insolvenzfällen schwer abzuschätzen sei. Die
Europäische Kommission beabsichtigt daher, nationale Unterschiede im
Insolvenzrecht anzugleichen. Einzelne Bereiche, zum Beispiel Banken, sollen von
diesem Vorhaben ausgeschlossen werden.
Welche Auswirkungen hat eine Harmonisierung des Insolvenzrechts für die deutsche Sozialversicherung?
Als Insolvenzgläubiger stehen Krankenkassen mit den anderen
Gläubigern auf einer Stufe. Jedoch gehören Sozialversicherungsträger zu den
sogenannten Insolvenzgläubigern, die sich nicht vom Insolvenzschuldner lösen
können und trotz offener Beiträge Leistungen für ihre Mitglieder finanzieren
müssen. In einer gemeinsamen
Pressemitteilung (2010) haben sich der GKV-Spitzenverband, die Deutsche
Rentenversicherung Bund und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung auf
nationaler Ebene für eine stärkere Stellung im Insolvenzrecht stark
gemacht.
Um das Missverhältnis zwischen Leistungspflicht und offenen
Forderungen aufzulösen, vertritt die Deutsche Sozialversicherung die Auffassung,
dass Sozialversicherungsträger eine stärkere Stellung im
Insolvenzrecht aufgrund ihrer besonderen Stellung und gesellschaftlichen
Aufgabe erhalten sollten.
2018 hat die deutsche Sozialversicherung den Vorschlag der
EU-Kommission für eine Richtlinie
(EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsverfahren und Steigerung
der Effizienz von Insolvenzverfahren kommentiert.
Nach Auffassung der Deutschen Sozialversicherung sind die Beiträge zu den
nationalen Systemen der sozialen Sicherheit von der Aussetzung der
Durchsetzungsmaßnahmen und der Entschuldung auszunehmen. Zumindest sollte aber
der nationale Gesetzgeber zum Schutz seiner sozialen Sicherungssysteme die
Möglichkeit bekommen, diese Forderungen von den Wirkungen der
Restrukturierungs- und Entschuldungsmaßnahmen auszunehmen.
Eine gemeinsame Definition des Begriffs der
Zahlungsunfähigkeit, die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens,
die Rangfolge der Forderungen, Anfechtungsklagen, die Identifizierung und Nachverfolgung
der zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögenswerte wurden in der Richtlinie nicht
geregelt.
Die aktuelle Initiative soll die Richtlinie (EU) 2019/1023
über Restrukturierung und Insolvenz ergänzen und betrifft folglich Aspekte des
Insolvenzrechts, die in dieser Richtlinie nicht geregelt sind. Die Deutsche
Sozialversicherung wird sich an der öffentlichen Konsultation beteiligen und für die besondere Schutzbedürftigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen
einsetzen.