Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz
Ein leider immer noch aktuelles Thema.
SW – 04/2021
Die
EU-Kommission möchte die Arbeitsplatzgrenzwerte für Asbest überarbeiten. Dies
kündigt sie in ihrem Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte an. Vorbehaltlich des
Ergebnisses der laufenden Konsultation der Sozialpartner wird sie im Jahr 2022 einen
Legislativvorschlag zur weiteren Reduzierung der Exposition von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern gegenüber Asbest vorlegen.
Initiative zum Schutz vor Asbest
Der Ausschuss
für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlamentes
arbeitet zum Thema „Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest“ an einem Initiativbericht mit Empfehlungen an die Kommission. In einer Aussprache des Ausschusses am 19. April 2021 wies der zuständige Berichterstatter, Nikolaj Villumsen (MEP), darauf
hin, dass trotz des EU-weiten Verbots von Asbest, etwa 90 000 Menschen
im Jahr 2019 durch asbestverursachte Krankheiten gestorben seien. In seinem Berichtsentwurf
fordert er die EU-Kommission auf, eine europäische Strategie zur Beseitigung
von Asbest vorzulegen, die folgende Maßnahmen vorsehen soll:
- einen
europäischen Rahmen für nationale Strategien zur sicheren Beseitigung von Asbest
in den Mitgliedstaaten, der auch einen Legislativvorschlag zur Einführung von
Mindeststandards für öffentlich zugängliche nationale Asbestregister umfassen
soll,
- die
Aktualisierung der Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer
gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz,
- einen
Legislativvorschlag zur Anerkennung von Berufskrankheiten, einschließlich aller
bekannten asbestbedingten Krankheiten, mit Mindestanforderungen für
Anerkennungsverfahren und Mindestnormen zur Entschädigung der Opfer asbestbedingter
Berufskrankheiten,
- die
Aktualisierung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von
Gebäuden im Hinblick auf die Einführung einer Verpflichtung zur Kontrolle und anschließenden Beseitigung von Asbest und anderen gefährlichen
Stoffen vor Beginn der Renovierungsarbeiten,
- einen
Legislativvorschlag für die obligatorische Überprüfung von Gebäuden vor dem
Verkauf oder der Anmietung und für die Ausstellung von Asbestzertifikaten für
Gebäude, die vor 2005 errichtet wurden.
Hintergrund
Zwar ist das Inverkehrbringen von Asbest und die Verwendung von
Asbestfasern in der EU seit 2005 verboten. In der Vergangenheit wurde Asbest jedoch
wegen seiner großen Widerstandsfähigkeit gegenüber Hitze, Säuren und physischen
Einwirkungen weitreichend eingesetzt, insbesondere im Bausektor. Durch den
Kontakt mit Asbest und das Einatmen von Asbestfasern können neben Asbestose
Erkrankungen wie Lungen-, Brust- und Bauchfellkrebs entstehen. Das Thema ist wegen
der sehr langen, möglicherweise bis zu 40 Jahre dauernden Latenzzeit der durch
Asbest verursachten Erkrankungen nach wie vor aktuell. Die mit dem europäischen
Green Deal angestrebte energetische Gebäudesanierung rückt die von Asbest
ausgehende Gefahr zusätzlich in den Fokus.
Die EU
möchte bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgas im Vergleich zu 1990 mehr als
halbieren, bis 2050 sogar auf null senken. Um dies zu erreichen, soll sich die
Zahl der energetischen Gebäudesanierungen bis 2030 mindestens verdoppeln. In
der Praxis kann diese „Gebäuderenovierungswelle“ dazu führen, dass Arbeitskräfte
im Bausektor, aber auch Verbraucher Materialien ausgesetzt werden, die gefährliche
Asbestfasern enthalten können.
Ausblick
Die
Abgeordneten des Ausschusses werden nach derzeitiger Planung in ihrer Sitzung
am 30. September 2021 über den Bericht beschließen. Begleitend zur Arbeit des Ausschusses
hat der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlamentes einen Bericht zum bestehenden Rechtsrahmen und zur Bewertung
des Mehrwerts eines Legislativvorschlags erstellt (liegt nur in Englisch vor).