Bewertung der Anwendung der Richtlinie in der Praxis.

SW – 08/2021

In der EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021 – 2030 hatte die Europäische Kommission die Barrierefreiheit als Schlüssel zur Wahrnehmung von Rechten, Autonomie und Gleichheit bezeichnet und für 2022 angekündigt, ein europäisches Ressourcenzentrum „AccessibleEU“ einzurichten. Ebenfalls für 2022 hatte sie angekündigt, die Anwendung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu Webseiten und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen zu bewerten und diese auf Lücken im Anwendungsbereich, im Hinblick auf technologische Fortschritte und die Kohärenz mit anderen EU-Rechtsvorschriften zu überprüfen.

Die Europäische Kommission *1 hat nun eine öffentliche Konsultation zur Barrierefreiheit von Webseiten und mobilen Anwendungen des öffentlichen Sektors eingeleitet, mit der sie die Anwendung der Richtlinie und ihrer Durchführungsrechtsakte in der Praxis prüfen möchte. Die Konsultation soll helfen zu beurteilen, inwieweit die Richtlinie

  • den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu öffentlichen Dienstleistungen und Informationen erleichtert und die soziale und digitale Inklusion verbessert hat,
  • angesichts der einschlägigen Rechtsvorschriften und der technologischen Veränderungen weiterhin relevant und zweckmäßig ist und
  • den Markt für barrierefreien Zugang zum Internet harmonisiert hat.


Die Ergebnisse werden in die Überprüfung einfließen und sollen dazu beitragen, die Auswirkungen der Richtlinie auf die Zugänglichkeit von Webseiten und mobilen Apps des öffentlichen Sektors zu verbessern. Ferner sollen sie bei möglichen künftigen Initiativen im Zusammenhang mit dem barrierefreien Zugang zum Internet berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der Überprüfung möchte die Kommission im Juni 2022 veröffentlicht. Die Teilnahme an der Konsultation, an der sich auch die Deutsche Sozialversicherung beteiligen wird, ist bis zum 25. Oktober 2021 möglich.

Während die Europäische Kommission in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Recht hervorhebt, dass die Zugänglichkeit von baulichen und virtuellen Umgebungen, von Informations- und Kommunikationstechnologien, von Gütern und Dienstleistungen, einschließlich Verkehr und Infrastruktur eine Grundvoraussetzung für die uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben ist, zeigt der von ihr im Juli 2021 veröffentlichte Bericht „Europäische Vergleichsdaten zu Europa 2020 und Menschen mit Behinderungen“, wie groß nach wie vor der Handlungsbedarf ist.

So waren zum Beispiel in der Europäischen Union (EU) im Jahr 2018 etwa 50,8 Prozent der Menschen mit Behinderungen im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig gegenüber 75,0 Prozent der Menschen ohne Behinderungen. Noch darunter liegt die Beschäftigungsquote von Frauen mit Behinderungen im Vergleich zu Frauen ohne Behinderungen, sie betrug auf EU-Ebene 47,8 Prozent im Vergleich zu 68,8 Prozent bei Frauen ohne Behinderung. Es wird erwartet, dass sich diese Situation durch die COVID-19-Pandemie weiter verschlechtert.

Die Europäische Kommission möchte dem unter anderem mit einem Paket zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Behinderungen begegnen, dass sie 2022 vorlegen wird. Das Paket soll unter anderem die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der einschlägigen beschäftigungspolitischen Leitlinien im Rahmen des Europäischen Semesters unterstützen, den Austausch von Best Practice zur Stärkung der Kapazitäten von Arbeitsvermittlungs- und Integrationsdiensten sowie die Schaffung von Einstellungsperspektiven durch die Bekämpfung von Stereotypen, die Gewährleistung angemessener Vorkehrungen am Arbeitsplatz, die Erschließung hochwertiger Arbeitsplätze in beschützten Beschäftigungsverhältnissen und die Suche nach Wegen in den offenen Arbeitsmarkt fördern.