Europa beweist Reaktionsvermögen.

TH – 10/2021

Am 4. März 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission den Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte (EPSR). Dieser machte auf die erheblichen Auswirkungen von COVID-19 auf Arbeitsplätze und Sozialsysteme in ganz Europa aufmerksam. In seiner Erklärung von Porto vom 8. Mai 2021 erkannte der Europäische Rat dies an, und unterstrich das Engagement der EU, die Umsetzung der EPSR auf EU- und nationaler Ebene zu intensivieren. Faire Löhne, die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Armut, die Förderung von Gleichberechtigung und Fairness sowie die Unterstützung junger Menschen sowie die Verminderung von Risiken der Ausgrenzung besonders gefährdeter sozialer Gruppen werden als geeignete Mittel angesehen, dies zu erreichen.

Ein umfangreicher Bericht des Europäisches Netzwerk für Sozialpolitik (ESPN) hat nunmehr die nationalen Reaktionen auf die Covid-19 Krise in Bezug auf Sozialschutz in den 27 EU-Mitgliedstaaten, dem Vereinigten Königreich und den 7 Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern untersucht.

Schnelle Reaktionen waren hilfreich

Beleuchtet wurden hauptsächlich Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt, in der Gesundheitsversorgung und Hilfen für berufstätige Eltern. Es zeigt sich, dass eine alles in allem schnelle Reaktion erfolgte, und zwar durch die Einführung von oftmals befristeten Maßnahmen - hier seien vor allem generell die Lockerung von Anspruchsbedingungen, die Erhöhung der Leistungsniveaus und die Schaffung neuer Ad-hoc-Systeme zur Sozial- und Arbeitsplatzsicherung sowie Steuererleichterungen genannt. Diese Sofortmaßnahmen haben maßgeblich dazu beigetragen eine massive soziale Krise abzuwenden, und einige wären zuvor noch unmöglich erschienen. Sie machen jedoch auch die Schwächen und Lücken in den bestehenden Sozialschutz- und Eingliederungspolitiken sichtbar, und es besteht die dringende Notwendigkeit, diese anzugehen. Denn obwohl die Maßnahmen die wichtigsten Instrumente waren, um die sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen, unterstreicht der Bericht ihr doch begrenztes Transformationspotenzial für die Sozialschutzsysteme der Länder.

Daten sind wichtig

Es werden eine Reihe spezifischer Maßnahmen vorgeschlagen, die auf nationaler und/-oder EU-Ebene sinnvoll in Erwägung gezogen werden könnten. So wird die Erstellung von Studien, die eine gründliche Überprüfung der unmittelbaren und langfristigen Auswirkungen der Pandemie und der (meist vorübergehend) getroffenen Schutzmaßnahmen zum Ziel haben, sowie die Sammlung, Analyse und Veröffentlichung von Daten über COVID-19 und seine Auswirkungen dringend empfohlen. Aus diesen müsse die Politik dann zielgerichtete Handlungsmöglichkeiten ableiten.

Die Besonderheit der durch die COVID-Pandemie entstandenen Situation sollte zur Einleitung politischer Reformen genutzt werden; hier findet dann auch wieder die Idee eines Mindesteinkommens in allen europäischen Staaten Erwähnung. Insbesondere könnten die Empfehlungen des EU-Rates von 2019 über den Zugang zum Sozialschutz auch für Personengruppen umgesetzt werden, die bislang wenig oder keinen Zugang zu einem Mindestmaß an Sozialschutz haben. Hier seien insbesondere Plattformarbeiterinnen und -arbeiter genannt, wobei für diese Gruppe mittlerweile ein starker politischer Wille sowohl seitens der Kommission als auch des Parlaments zu erkennen ist, der genau in diese Richtung weist.

Zum Bericht (in englischer Sprache) geht es hier.