Weitreichende Regelung zur Plattformbeschäftigung
Schutz und Rechte von Beschäftigten stehen im Mittelpunkt des Maßnahmenpakets der Europäischen Union.
VS – 12/2021
Die Europäische Kommission
hat am 9. Dezember 2021 ein umfassendes Maßnahmenpaket zu Plattformbeschäftigung
vorgestellt. Damit soll ein europaweit gültiger Rahmen für den Zugang zum
Sozialschutz und die Arbeitsrechte von Plattformbeschäftigten geschaffen und Rechtssicherheit
für Plattformbetreiber und -beschäftigte hergestellt werden. Ziel
ist, die Vorteile der digitalen Transformation zu nutzen und die europäische
soziale Marktwirtschaft zu schützen. Zusätzlich
strebt die Europäische Kommission die Tariffähigkeit von Solo-Selbstständigen
an. Hierzu zählen auch Selbstständige, die auf digitalen Arbeitsplattformen
tätigen sind.
Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit
Im Richtlinienvorschlag legt die Europäische Kommission eine Liste mit Kriterien zur Bestimmung des
Beschäftigungsstatus von Plattformbeschäftigten vor. Diese basieren auf
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Erfüllt eine Plattform
zwei dieser Kriterien, wird rechtlich davon ausgegangen, dass die Plattform als
Arbeitgeber agiert und Plattformbeschäftigte Arbeitnehmer sind. Für diese
Plattformbeschäftigte gelten dann u.a. die Regelungen zu Arbeitszeit- und
Gesundheitsschutz, das Recht auf bezahlten Urlaub oder verbesserten Zugang zum
Schutz vor Arbeitsunfällen, Sozialversicherungspflicht inklusive des Anspruchs
auf Arbeitslosen- und Krankengeld. Plattformen können diese Einstufung
anfechten, wobei die Beweislast, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, bei den
Plattformen liegt.
Der Richtlinienvorschlag
reguliert auch die Nutzung von Algorithmen durch digitale Arbeitsplattformen.
Zentrale Aspekte sind eine erhöhte Transparenz bei deren Anwendung und das
Recht automatisierte Entscheidungen anzufechten zu können. Diese Rechte gelten
für alle Plattformbeschäftigte, unabhängig vom Beschäftigtenstatus. Darüber
hinaus werden die bestehenden Verpflichtungen zur Meldung von Arbeiten bei den
nationalen Behörden präzisiert.
Mitteilung der Kommission "Bessere Arbeitsbedingungen für ein stärkeres soziales Europa: Die Vorteile der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit nutzen"
In der Mitteilung werden Konzept und Maßnahmen der EU zur Plattformarbeit darlegt. Die Mitteilung
dient darüber hinaus als europäischer Input für die Diskussion künftiger globaler
Standards für Plattformbeschäftigung. Auch werden die Mitgliedstaaten, die
Sozialpartner sowie alle relevanten Akteure aufgefordert, konkrete
Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit
vorzuschlagen.
Tariffähigkeit für Solo-Selbstständige
Mit dem Entwurf
für Leitlinien zur Klärung der Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Kollektivvereinbarungen
von Solo-Selbstständigen soll sichergestellt
werden, dass das EU-Wettbewerbsrecht Kollektivvereinbarungen von Solo-Selbstständigen
zu ihren Arbeitsbedingungen und zu ihrer Entlohnung nicht entgegensteht. Die
Leitlinien sind für die Kommission bei der späteren Auslegung und Durchsetzung
der EU-Wettbewerbsregeln bindend.
Nächste Schritte
Der Vorschlag der Kommission
für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der
Plattformarbeit wird nun vom Europäischen Parlament und dem Rat erörtert. Nach
einer Verabschiedung haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie
in nationales Recht umzusetzen.
Zum Entwurf der Leitlinien
für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts hat die Europäische Kommission eine öffentliche
Konsultation mit Frist bis zum 24.
Februar 2022 eingeleitet. Anschließend soll der Leitlinienentwurf von der
Europäischen Kommission angenommen werden.