Die Europäische Kommission will den freien Personenverkehr in der Krise um ein weiteres Jahr sichern.

UM – 02/2022

Am 3. Februar hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Gültigkeit der Verordnung (EU)2021/953 über einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung der Erleichterung der Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (siehe hier) um ein Jahr zu verlängern.

Pandemieprognosen fallen schwer

Nach wie vor sind die Infektionszahlen hoch und die weitere Entwicklung über den Sommer hinweg kaum absehbar. Nach wie vor können neue Mutationen auftreten, die hinsichtlich Ansteckung, Erkrankung und Krankheitsverlauf neue Gefährdungslagen schaffen. Angesichts dieser Unsicherheiten ist eine längere Geltungsdauer der Verordnung angezeigt. Sie ist auch geboten, da die Impfstrategien in vielen Mitgliedstaaten eher schleppend verlaufen. „Impf-Nachzügler“ hätten kaum einen Vorteil vom EU-Zertifikat, liefe die Verordnung tatsächlich am 30. Juni Juni dieses Jahres aus.

Das Zertifikat zeigt nur, was ist der Status Quo

Mit dem digitalen COVID-Zertifikat ist der Europäischen Kommission ein großer Wurf gelungen. 1,2 Milliarden Menschen, ausgerüstet mit einem moderne Handy, nutzen das EU-Zertifikat. Die QR-Codes sind elektronisch ablesbar und das in jedem Mitgliedstaat der EU und 33 weiteren Ländern. In einer Welt, die durch pandemiebedingte Einschränkungen des Alltaglebens geprägt wird, ist das COVID-Zertifikat für vieles die Eintrittskarte. Vorausgesetzt, man ist hinreichend geimpft, eine Infektion liegt noch nicht zu lange zurück oder der Test ist negativ. Das COVID-Zertifikat bildet den Impf-, Test- und Genesungsstatus ab. Es kann nur zeigen, was ist. Was man darf, ist Sache der Länder.

Ausnahmen bestätigen die Regel ...

Nicht geregelt wird an dieser Stelle die Gültigkeit der einzelnen Zertifikate. Hier gibt es EU-weite Vorgaben, die aber nicht in allen Mitgliedsländern ganz genau umgesetzt werden. Das Impfzertifikat ist nach erfolgter zweiter Impfung seit dem 1. Februar EU-weit 270 Tage gültig (siehe hier); in Österreich allerdings erst nach der dritten Impfung (siehe hier). Voraussetzung für ein Testzertifikat ist ein negativer PCR-Test, der weniger als 72 Stunden alt ist oder ein negativer Antigentest, der weniger als 48 Stunden alt ist. Grundlage für ein Genesungszertifikat ist ein positiver PCR-Test, der vor mehr als elf Tagen, aber nicht vor mehr als 180 Tagen durchgeführt wurde. Darauf hat sich der Rat am 25. Januar verständigt. Deutschland bildete hier mit einer Gültigkeit von nur 90 Tagen zwischenzeitlich eine Ausnahme.

... und im Parlament steigt der Ärger

Was im Einzelfall akzeptierbar erscheint, kann in der Gesamtheit sehr wohl ein Ärgernis darstellen. In diesem Sinn haben sich 52 Europa-Abgeordnete - auch aus Österreich und Deutschland - an Binnenkommissar Thierry Breton gewendet, um gegen die weiter fortbestehenden Behinderungen im freien Personenverkehr zu protestieren. "Nach wie vor müssen die Bürgerinnen und Bürger auf mehreren Websites nachsehen, was vor der Reise zu beachten ist, ob sie Formulare für die Passagierlokalisierung benötigen, ob eine Prüfung erforderlich ist, ob ihre zweite Dosis in anderen Staaten noch gültig ist, und so weiter", so im Schreiben vom 7. Februar 2022. Der Flickenteppich von Beschränkungen in den EU-Ländern müsse durch eine "angemessene Harmonisierung der Maßnahmen" ersetzt werden.

Weitere Änderungen beabsichtigt

Doch zurück: Die Europäische Kommission will die Gesetzesanpassung auch dazu nutzen, um kleinere inhaltliche Änderungen auf den Weg zu bringen. So sollen Testzertifikate auch bei hochwertigen Labor-Antigentests ausgestellt werden können. Daneben soll sichergestellt werden, dass Impfungen, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten vorgenommen werden, im Impfzertifikat abgebildet werden. Bislang werden nur die Impfungen zertifiziert, die im ausstellenden Land erfolgen. Zudem sollen Personen, die an klinischen Tests für COVID-19-Impfstoffe teilnehmen, ebenfalls ein Zertifikat erhalten.


Damit die Änderungen – insbesondere aber die Verlängerung der Verordnung – rechtzeitig in Kraft treten können, müssen Parlament und Rat die Vorschläge zeitnah bestätigen.