Plattform für nachhaltiges Finanzwesen legt Abschlussbericht für eine europäische Sozialtaxonomie vor

VS – 03/2022

Die Plattform für nachhaltiges Finanzwesen ist ein Gremium von Expertinnen und Experten, das die Europäische Kommission zur nachhaltigen Finanzstrategie berät und Vorschläge zur Taxonomie entwickelt. Analog zur EU-Taxonomie-Verordnung zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel hat die Plattform für nachhaltiges Finanzwesen am 28. Februar 2022 ihren Vorschlag für eine europäische Sozialtaxonomie vorgelegt.

Private Investitionen für soziale Ziele

Ökologische und soziale Aspekte waren von Beginn an Teil der EU-Strategie für nachhaltige Finanzen. Die EU-Taxonomie-Verordnung wurde am 18. Juni 2020 veröffentlicht. Danach müssen die Unternehmen zu den Zielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ bereits seit dem 1. Januar 2022 berichten. Die weiteren Umweltziele der EU-Taxonomie sind am 2. Februar 2022 in einem ergänzenden delegierten Taxonomie-Rechtsakt vorgelegt worden.

Aus Sicht des Expertengremiums bietet es sich an, analog zur Taxonomie-Verordnung zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel eine europäische Sozialtaxonomie zu entwickeln. Mit deren Hilfe sollen Anreize geschaffen werden, damit private Investitionen einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung sozialer Ziele beitragen. Eine Sozialtaxonomie ist dabei ein Klassifikationssystem, das eine Liste sozial nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten aufstellt. Unternehmen und Anbieter von Finanzprodukten können damit gegenüber ihren Kundinnen und Kunden signalisieren, dass ihr Geschäftsmodell sozial-nachhaltig ausgerichtet ist.

Um welche sozialen Ziele handelt es sich?

Bei der Auswahl der sozialen Ziele bezieht sich die Plattform für nachhaltiges Finanzwesen auf grundlege Dokumente zur sozialen Ausrichtung der Europäischen Union. Hierzu gehören die Europäische Sozialcharta, die EU-Charta der Grundrechte, die Europäische Menschenrechtskonvention und die europäische Säule sozialer Rechte.

Auf dieser Grundlage werden drei übergeordnete Ziele formuliert:

  • menschenwürdige Arbeit (auch für Beschäftigte in der Lieferkette);
  • angemessener Lebensstandard und Wohlergehen für die Endverbraucherinnen und -verbraucher;
  • integrative(s) und nachhaltige(s) Gemeinwesen und Gesellschaften.

Damit werden sowohl Beschäftigte, Endverbraucherinnen und -verbraucher und das Gemeinwesen in die Sozialtaxonomie einbezogen. In weiteren Schritten werden diese Ziele untergliedert, so dass ein umfangreicher Katalog konkreter sozialer Investitionen gebildet werden kann – quasi ein Brockhaus für soziale Investitionen.

Hat der Vorschlag eine Zukunft?

Von der EU-Taxonomie-Verordnung versprechen sich EU-Kommission, Rat und Europäisches Parlament eine starke Lenkungswirkung für private Investitionen und einen erheblichen Schub für die Erreichung der Klimaziele. Genauso wie bei den Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele besteht ein erheblicher Investitionsbedarf, um die sozialen Herausforderungen in der Europäischen Union bewältigen zu können. Die Mobilisierung privater Investitionen ist dabei ein spannender Ansatz.

Umsetzung: machbar

Nach dem Bericht der Plattform für nachhaltiges Finanzwesen scheint eine technische Umsetzung in der EU möglich. So lehnt sich der Vorschlag der Plattform für nachhaltiges Finanzwesen in Herangehensweise und Struktur an die EU-Taxonomie-Verordnung an. Zudem ist er bewusst international anschlussfähig gestaltet, indem sowohl die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte als auch die Leitlinien für multinationale Unternehmen der OECD berücksichtigt werden.

Bei der die Vorlage des Berichts reagierte die EU-Kommission allerdings zurückhaltend und verwies darauf, den Bericht erst einmal intensiv zu analysieren.