Lieferkettengesetz – EU will gerechte und nachhaltige Wirtschaft fördern
Rentenversicherung ist möglicherweise betroffen!
VS – 03/2022
Die
Europäische Kommission (EU-Kommission) hat am 23. Februar ein Maßnahmenpaket für eine „gerechte und nachhaltige Wirtschaft“
vorgelegt. Das Paket umfasst einen Richtlinienvorschlag über die
unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit (europäisches Lieferkettengesetz)
und die Mittelung für eine Strategie zur
Förderung menschenwürdiger Arbeit weltweit. Dabei werden im Anwendungsbereich des
Richtlinienvorschlags auch die gesetzlichen Rentenversicherungsträger
aufgeführt.
Strategie zur Förderung menschenwürdiger Arbeit
Mit dieser
Mitteilung bekräftigt die EU weltweit ihr Engagement für menschenwürdige Arbeit
und betont ihre internationale Verantwortung. Menschenwürdige Arbeit soll in
allen Sektoren und Politikbereichen gefördert werden. Alle Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer innerhalb und außerhalb der EU sollen Zugang zu sicheren und
gesunden Arbeitsbedingungen haben.
Im
Mittelpunkt steht dabei die weltweite Abschaffung von Kinderarbeit und
Zwangsarbeit. So bereitet die EU-Kommission, wie von Präsidentin Ursula von der
Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union im Jahr 2021 angekündigt, einen
Rechtsrahmen vor. Ziel ist, dass Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt
wurden, nicht mehr auf den EU-Markt gelangen.
Europäisches Lieferkettengesetz
Bereits im Jahr
2020 hatte die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf zur unternehmerischen
Sorgfaltspflicht angekündigt und eine öffentliche Konsultation zu
"sustainable corporate governance“ durchgeführt (die DSV berichtete).
Mit dem
Richtlinienvorschlag soll ein rechtlicher Rahmen zur Verbesserung des Schutzes von
Umwelt, Menschen- und Kinderrechten entlang globaler Lieferketten geschaffen
werden. Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen sollen hierbei auch die Produktionsverfahren
und Arbeitsbedingungen bei Zulieferern im außereuropäischen Ausland umfassen. Missstände
sollen identifiziert, zurückverfolgt und ab Kenntniserlangung vermieden werden.
Dabei sollen Verstöße gegen die unternehmerische Sorgfaltspflicht mit Bußgeld
belegt oder aber Schadensersatzansprüche gestellt werden können.
Einbeziehung der Rentenversicherung unklar
Zu den Finanzunternehmen,
auf die sich der Richtlinienvorschlag bezieht, werden auch die Altersversorgungseinrichtungen
im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des (EG) Nr. 987/2009 aufgeführt.
Somit fallen die gesetzlichen Rentenversicherungsträger in den
Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags.
Zu
hinterfragen ist allerdings Sinn und Zweck dieser Einbeziehung. So agieren die
gesetzlichen Rentenversicherungsträger nicht unternehmerisch. Sicher sind sie
Akteure auf dem Kapitalmarkt. Allerdings unterliegen in allen Mitgliedsstaaten
der EU die Anlagemöglichkeiten von Finanzmitteln der gesetzlichen
Rentenversicherungsträger einer strikten gesetzlichen Reglementierung sowie
engen Kontrollen.
Verfügen gesetzliche Rentenversicherungsträger über
ausgeprägte Puffervermögen, so agieren diese – wie beispielsweise im Fall von
Schweden – über Fonds am Kapitalmarkt. Diese werden jedoch im Richtlinienvorschlag
eigenständig als betroffene Finanzunternehmen aufgeführt. Die Notwendigkeit
einer zusätzlichen Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger
erschließt sich daher nicht.
Vielmehr führt dies zu Unsicherheiten bei der
Auslegung des Richtlinienvorschlags. In der weiteren Diskussion ist daher
dringend eine Konkretisierung oder besser die Streichung des Bezugs auf die
gesetzlichen Rentenversicherungsträger geboten.