Belgien erstattet Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA)
Erstattungsfähigkeit von DiGAs in Europa noch sehr unterschiedlich
CC – 04/2022
Mittlerweile gibt es zahlreiche Digitale
Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf dem europäischen Markt – aber nicht alle sind
erstattungsfähig. Während in Deutschland inzwischen 31 Apps auf Rezept von der
gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden, hat es nunmehr eine Gesundheitsapp
in den belgischen Leistungskatalog der Krankenversicherung geschafft. Das Bild
in Europa ist also noch heterogen.
Die belgische
Gesetzliche Krankenversicherung (Institut national d'assurance
maladie-invalidité – Inami) übernimmt erstmals die Kostenerstattung einer DiGA.
Mit der E-Health-App moveUP, soll die Rehabilitation von Menschen mit
einem künstlichen Knie- oder Hüftgelenk unterstützt werden. Die Kostenerstattung
der App durch die gesetzliche Krankenversicherung ist für Belgien ein
Meilenstein.
Das belgische System
Die Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendung durch die
gesetzliche Krankenversicherung ist in Belgien an einen dreistufigen
Zulassungsprozess über das eHealthBelgium-System gebunden. Der gesetzliche
Rahmen für die Finanzierung von medizinischen Apps wurde 2016 entwickelt und
erst im Januar 2021 fertiggestellt.
Belgien
bewertet digitale Gesundheitsanwendungen auf der Grundlage eines dreistufigen
Systems. Je höher die Stufe, desto strengere Bedingungen müssen erfüllt sein. So
müssen die Hersteller in jeder Stufe nachweisen, ob die DiGA die notwendigen
Voraussetzungen in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erfüllt. Um eine
staatliche Finanzierung zu erhalten, muss eine App die höchste Zulassungsstufe erreichen.
Parallelen zu Deutschland: Fast-Track-System
Wie auch in Deutschland können Apps, die die höchste
Zulassung erreichen und für die noch nicht genügend Daten zur Verfügung stehen,
vorläufig erstattet werden. Entscheidend bei dem System der vorläufigen
Finanzierung ist, ob zum Zeitpunkt der Zulassung ein gesundheitsökonomischer
Mehrwert nachgewiesen werden konnte. Der Mehrwert generiert sich aus dem
klinischen Nachweis und einem ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnis: d.h. weniger
Nachsorgeuntersuchungen, weniger Komplikationen und weniger
Krankenhauseinweisungen. Das Fast-Track-Zulassungssystem soll eine schnellere
Markteinführung neuer Medikamente ermöglichen.
Auch in Belgien mussten zuvor die zuständigen Behörden auf
Grundlage, der im Jahr 2017 in Kraft getretenen europäischen
Medizinprodukteverordnung (MDR) definieren, welche Medizinprodukte – und somit
auch DiGAs, unter welchen Bedingungen zugelassen und erstattet werden. Ab Mai 2021
müssen alle Medizinprodukte nach neuem Recht in Verkehr gebracht werden und in
der zentralen Datenbank für Medizinprodukte EUDAMED mit Angaben über
Zweckbestimmung, Risikoklasse und Nutzennachweis verzeichnet sein. Mit der MDR
sollte mehr Transparenz und Sicherheit beim Inverkehrbringen und höhere
Qualitätsanforderungen an die klinische Bewertung von Medizinprodukten
geschaffen werden.
Deutschland als europäisches Vorbild und Vorreiter
Für Belgien ist die Anerkennung und Erstattung von DiGAs ein
Durchbruch. Dort befinden sich schon zwei weitere Apps auf der Zielgeraden zur
höchsten Zulassungsstufe und damit zur Erstattungsfähigkeit. Schon weiter ist
man dagegen in Deutschland. So durchlief im Oktober 2020 die erste DiGA das
Fast-Track-Zulassungsverfahren und wurde in das dazu geschaffene
DiGA-Verzeichnis erfolgreich gelistet. Damit war die Voraussetzung als
Bestandteil der Regelversorgung erfüllt.
Auch in anderen Ländern wie Frankreich, Niederlande und Schweden
ist das deutsche DiGA-Zulassungssystem ein Vorbild und soll in Zusammenarbeit mit der
Krankenversicherung eingeführt werden.
Dass in Belgien nun die erste DiGA zugelassen und erstattet
wurde, ist nicht nur ein wichtiger Schritt für das Land, sondern auch ein
wichtiger Schritt für die europaweite Digitalisierung im Gesundheitsbereich.