Affenpocken in der EU
EU will schnell und koordiniert gegen Affenpocken vorgehen
CC – 06/2022
Innerhalb von etwas mehr als einem Monat
wurden mehr als 1.150 Fälle von Affenpocken in der Europäischen Union nachgewiesen.
Der Ausbruch der Viruserkrankung ist ungewöhnlich, da er sich bislang bereits auf
etwa 30 Länder weltweit ausgebreitet hat. Dabei traten 85 Prozent der
Infektionen in Europa auf.
Koordinierte Maßnahmen
Zwar ist die Fallzahl überschaubar, allerdings
möchten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger nicht ähnliche Fehler
wie zu Beginn der COVID-19 Pandemie machen. Die Virusinfektionen und die
verhältnismäßig schnelle Ausbreitung werden ernst genommen. Sowohl auf europäischer
Ebene als auch auf supranationalen Ebenen soll mit schnellen und koordinierten
Maßnahmen gegen Affenpocken vorgegangen werden.
Was sind Affenpocken?
Affenpocken sind eine durch Affenpockenviren verursachte
Viruserkrankung. Klinisch äußert sie sich vor allem durch Fieber, Hautausschlag
sowie Kopf- und Muskelschwäche. Die Inkubationszeit für Affenpocken beträgt fünf
bis 21 Tage. Affenpocken gelten verglichen mit den seit 1980 ausgerotteten
Pocken als weniger schwere Erkrankung. Sie zirkulieren typischerweise nur in einigen wenigen zentral-
und westafrikanischen Ländern, was die gegenwärtige Entwicklung ungewöhnlich
macht (weitere Informationen des RKI hier).
HERA wird aktiv
Als Lehre aus der COVID-19 Pandemie wurde die seit
Oktober 2021 tätige HERA – Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion – geschaffen.
Sie hat bei gesundheitlichen Notlagen den Auftrag, auf EU-Ebene grenzüberschreitende
Maßnahmen bei Gesundheitsgefahren zu koordinieren. Unter anderem wird HERA auch
bei der Impfstoffbeschaffung aktiv – nicht mehr nur bei COVID-19, sondern auch
bei Affenpocken.
EU kauft über 100.000 Dosen Affenpockenimpfstoff
Die bei der Europäischen Kommission angesiedelte
HERA hat rund 110.000 Impfstoffdosen des dänischen Herstellers Bavarian Nordic
zum Schutz von Affenpocken gekauft. Die ersten Lieferungen des
Affenpockenimpfstoffs, genannt Imvanex, sind für Ende Juni geplant. Die Menge
wird proportional zur Bevölkerungsgröße sein. Der Kauf aus EU-Mitteln erfolgt
durch die HERA. Die Distribution an die Mitgliedstaaten ist dabei ein Novum, da
frühere gemeinsame Beschaffungen für Impfstoffe gegen das Coronavirus über
Rahmenverträge erfolgten. Die Europäische Kommission hat mit den Impfstoffherstellern
bisher zwar verhandelt, die Lieferungen wurden jedoch von den Mitgliedstaaten
bezahlt und abgewickelt.
Gespräche über EU-Zulassung
Imvanex ist bisher der einzige Impfstoff
weltweit, der in einigen Ländern, wie den USA und Kanada bereits für Impfungen
gegen Affenpocken zugelassen ist. In der EU ist der Impfstoff seit 2013 gegen
Pocken zugelassen. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA befindet sich mit
dem dänischen Impfstoffhersteller über eine EU-Zulassung als
Affenpockenimpfstoff in Gesprächen.
Einige Länder in Europa haben bereits Impfdosen
direkt vom Hersteller gekauft, darunter auch Deutschland. Nach Aussagen vom deutschen Gesundheitsminister Karl
Lauterbach könnten noch im Juni rund 40.000 Impfdosen geliefert werden und
weitere 200.000 im Verlauf des zweiten Halbjahres. Die Ständige Impfkommission
(STIKO) hatte in der vergangenen Woche eine Affenpocken-Impfung für bestimmte Risikogruppen und
Menschen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten, nahegelegt.
Auch auf supranationaler Ebene hat man die
Thematik im Blick. Die WHO hat wegen der Affenpocken-Fälle in zahlreichen
Ländern den Notfallausschuss einberufen. Der Rat tagt am 23. Juni und soll
entscheiden, ob es sich – wie bei COVID-19 – um eine "gesundheitliche
Notlage von internationaler Tragweite" handelt.