Europäische Kooperation soll gestärkt werden

CC – 07/2022

Rat und Europäisches Parlament haben sich im Trilog über neue EU-Rechtsvorschriften zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren geeinigt: Der letzte noch ausstehende Rechtsakt im Legislativpaket zur Europäischen Gesundheitsunion steht nun kurz vor der Verabschiedung. Nach mehr als 39 technischen Sitzungen und fünf Trilogen haben der Rat und Europäisches Parlament am 23. Juni eine vorläufige Einigung über den Verordnungsvorschlag zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erzielt. Mit der Verordnung soll ein Rechtsrahmen geschaffen werden, welcher Maßnahmen zur Vorbereitung, Überwachung, Risikobeurteilung und Frühwarnsysteme auf europäischer Ebene koordiniert.

EU-Vorsorgeplan für Gesundheitskrisen und Pandemien

Die Europäische Kommission wird zukünftig einen EU-Plan für Gesundheitskrisen und Pandemien aufstellen der Bestimmungen über den Informationsaustausch zwischen europäischen und nationalen Stellen, zu Frühwarnung und zum Risikomanagement enthält. Dieser wird zusammen mit den Mitgliedstaaten, EU-Behörden und im Einklang mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO erstellt. Die jeweiligen Pandemiepläne der EU-Mitgliedstaaten bleiben bestehen; allerdings sollen sich die Mitgliedstaaten mit der Europäischen Kommission abstimmen, um einen kohärenten Rahmen zu schaffen. Mit Stresstests und Simulationsübungen sollen die Bereitschafts- und Reaktionspläne überprüft und ggf. angepasst werden.

Anerkennung von Gesundheitsnotständen europäischer Tragweite

Vorgesehen ist darüber hinaus, dass die Europäische Kommission einen Unionsweiten gesundheitlichen Notstand ausrufen kann. Dies wiederum führt zu einer verstärkten koordinierenden Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Der Notstand wird auf Grundlage von Risikobewertungen des beratenden Ausschusses („Advisory Committee on public health emergencies“) ausgerufen. Das Europäische Parlament hat darauf hingewirkt, dass sich der One-Health-Ansatz im Gesetzestext wiederfindet. Damit schließt der Rechtsakt neben Infektionskrisen, auch Umwelt-, Bio- und Lebensmittelkrisen ein.

Mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Europäisches Parlament

Eine Einigung gab es außerdem bei der zuvor für unzureichend kritisierten Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments. Die Abgeordneten konnten in den Verhandlungen durchsetzen, einen Sitz im Gesundheitssicherheitsausschuss (Health Security Committee – HSC) zu erhalten. Der Ausschuss kann Stellungnahmen und Leitlinien zu Vorsorge- und Kontrollmaßnahmen als Reaktion auf Gesundheitsgefahren annehmen. Bei einer Abstimmung über Leitlinien entscheidet der HSC mit Zweidrittelmehrheit.

Bevorratung von Arzneimitteln und Medizinprodukten

Einen Kompromiss gibt es auch bei der gemeinsamen Beschaffung und Bevorratung von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Das Europäische Parlament hat erreicht, dass die Mitgliedstaaten keine parallelen Beschaffungsverhandlungen führen und gleichzeitig dieselben Produkte auf EU-Ebene kaufen dürfen. Ebenso wird die Europäische Kommission dazu verpflichten, den Abgeordneten Zugang zu gemeinsamen Beschaffungsverträgen zu gewähren, allerdings vorbehaltlich der sehr vagen Einschränkung eines “angemessenen Schutzes des Geschäftsgeheimnisses, der Geschäftsbeziehungen und der Interessen der Union“. Neu geregelt wurde außerdem, dass die Europäische Kommission bis 2024 die HERA, die neue EU-Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, evaluiert. Die Europäische Kommission soll so beurteilen, ob die HERA, anders als bisher, eine von der Europäischen Kommission getrennte Einrichtung werden sollte.

Rat und Europäisches Parlament müssen ihre Einigung noch förmlich, nach der Sommerpause, bestätigen. Der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) stimmte bereits am 12. Juli mit großer Mehrheit für die Einigung. Die Verordnung tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.