Rat und Europäisches Parlament erzielen vorläufige Einigung

LB – 08/2022

Kurz vor der Sommerpause haben Rat und Europäisches Parlament eine vorläufige Einigung zum Programm "Weg in die digitale Dekade" für 2030 erzielt, das bereits im vergangenen September vom Rat vorgelegt worden war. Dessen übergeordnetes Ziel ist es, den digitalen Wandel im Einklang mit den Werten der Europäischen Union (EU) zu realisieren.

Mit dem Programm soll die Förderung einer inklusiven und nachhaltigen Politik für eine digitale Führungsrolle der EU gestärkt werden – zum Wohl von Bürgerschaft und Unternehmen. Der digitale Wandel in Europa soll durch unionsweite digitale Ziele, gemeinsame Anstrengungen der Mitgliedstaaten und der Union sowie gemeinsame Investitionen gestaltet werden. Die Richtung gibt der sogenannte Digitale Kompass der Europäischen Kommission von März 2021 vor, für dessen vier Bereiche Kompetenzen, sichere und nachhaltige digitale Infrastrukturen, digitaler Wandel in Unternehmen und Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen konkrete Ziele bis 2030 festgelegt wurden. Mit der zielorientierten digitalen Transformation soll zu einer modernen, wettbewerbsfähigen, gut ausgebildeten und wohlhabenden Gesellschaft innerhalb der EU beigetragen werden.
 

Präzisierung von Definitionen und Mehrländerprojekt-Konzept

In der vorläufigen Einigung von Rat und Europäischem Parlament werden mehrere Definitionen der allgemeinen Ziele des Programms präzisiert, wobei der Schwerpunkt auf der Stärkung der Grundrechte, der Transparenz und der Sicherheit sowie auf der Förderung digitaler Kompetenzen liegt.

Auch das Konzept der Mehrländerprojekte wird im Text klarer formuliert. Dabei handelt es sich um groß angelegte Projekte, bei denen Mittel der EU, der Mitgliedstaaten und aus dem Privatsektor gebündelt werden. So sollen Fortschritte erreicht werden, die ein Mitgliedstaat allein nicht erzielen könnte. In folgenden Bereichen sollen Investitionen erleichtert werden: Hochleistungsrechentechnik, gemeinsame Dateninfrastrukturen und -dienste, Blockchain, stromsparende Prozessoren, europaweite Entwicklung von 5G-Korridoren, High-Tech-Partnerschaften für digitale Kompetenzen, sichere Quanteninfrastruktur und Netz von Cybersicherheitszentren, digitale öffentliche Verwaltungen, Testeinrichtungen und Zentren für digitale Innovationen.

Neu: enge Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission

Mit dem politischen Programm wird auch eine neue Art des gemeinsamen Regierens eingeführt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission soll sicherzustellen, dass die EU ihre Ziele erreicht. Vorgesehen ist, dass die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten für jedes EU-Digitalziel Zielpfade auf EU-Ebene entwickelt. Die Mitgliedstaaten werden nationale Zielpfade und strategische Fahrpläne ausarbeiten; deren Überprüfung ist für 2026 geplant. Die Europäische Kommission wird den Fortschritt zum „Stand der digitalen Dekade“ auf der Grundlage des Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) in ihrem Jahresbericht bewerten, der auch dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt wird. Die Abgeordneten hatten in den Verhandlungen Wert darauf gelegt, dass das Europäische Parlament eine starke Kontrollfunktion bei der Erreichung der digitalen Ziele bis 2030 ausüben kann.

Digitale Rechte und Grundsätze sind schon heute handlungsleitend

Seit der Veröffentlichung im März 2021 ist das Programm eine Richtschnur für das Handeln der Europäischen Kommission. Dies gilt insbesondere für die digitalen Rechte und Grundsätze. So basiert beispielsweise das übergeordnete Ziel „Sicherstellung von Fairness, Transparenz und Rechenschaftspflicht im algorithmischen Management“ des Richtlinienvorschlags zur Plattformbeschäftigung auf diesen Grundsätzen. Der breite Konsens auf europäischer Ebene zeigt sich auch hier. In den ersten Diskussionen des Richtlinienvorschlags im Europäischen Parlament und im Rat hat gerade dieses Ziel viel Unterstützung erfahren.

Weiteres Vorgehen

Die erzielte vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Europäischen Parlament gebilligt werden. Der seit 1. Juli zuständige tschechische Vorsitz des Rats beabsichtigt, eine Einigung möglichst bald dem Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rates zur Billigung vorzulegen.