Krebsfrüherkennung ist vornehmlich Länderangelegenheit

UM – 12/2022

Der Rat für Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) hat am 9. Dezember die neuen Ratsempfehlungen zur Krebsfrüherkennung verabschiedet. Somit erhält die Europäische Union (EU) einen neuen Rahmen für die systematische Suche nach Krebserkrankungen in einem frühen Stadium. Rechtlich bindend ist die Empfehlung nicht.

In fünf Ratsarbeitsgruppensitzungen ist der Vorschlagstext der Europäischen Kommission beschlussreif gefasst worden. Die Änderungen beziehen sich sowohl auf die Vorschläge zur Weiterentwicklung der etablierten Programme zu Brust-, Darm- und Gebärmutterhaltkrebs als auch zur Übertragung des Screening-Ansatzes auf weitere Krebsarten wie Prostata-, Lungen- und Magenkrebs. Was die Ministerinnen und Minister im EPSCO verabschiedet haben, lehnt sich mit explizitem Hinweis auf Artikel 168 Absatz 7 AEUV und ihre Zuständigkeit nun mehr am Machbaren vor Ort an.

Große Unterschiede bei Krebsfrüherkennung

Denn die Mitgliedstaaten sind hinsichtlich der Umsetzung der organisierten Krebsfrüherkennung unterschiedlich weit. Die bevölkerungsbezogen Krebsfrüherkennungsprogramme sind im Jahr 2020 weder in allen Mitgliedstaaten eingeführt noch vollständig umgesetzt worden. Es bestehen auch große Ungleichheiten. So variierte die Zielgruppenabdeckung bei der Brustkrebsvorsorge zwischen 6 und 90 Prozent und bei der Gebärmutterhalskrebsvorsorge zwischen etwa 25 und 80 Prozent. Nachzulesen ist dies im europäischen Krebsplan.

Ressourcen beachten

Vor diesem Hintergrund ist in den Verhandlungen um das im Krebsplan aufgerufene Ziel, bis zum Jahr 2025 mindestens 90 Prozent der Zielpersonen für Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs ein Früherkennungsangebot zu machen, hart gerungen worden. Am Ende fand es sich dennoch in den Ratsempfehlungen wieder. Hinsichtlich des Monitorings ihrer Umsetzung haben die Mitgliedstaaten aber deutlich gemacht, dass dies nur unter Berücksichtigung der Kapazitäten sowie der finanziellen und personellen Ressourcen erfolgen kann. Die Gesundheitssysteme sollten nicht unnötig mit Bürokratie belastet werden.

Kosteneffektivität durch Länder prüfen

Darüber hinaus müsse das Kosten-Nutzenverhältnis eines jeden Programms ausgewogen sein. Die Länder haben betont, dass die Kosten-Nutzen-Bewertung als ein fester Bestandteil der Umsetzung der Früherkennungsprogramme auf nationaler Ebene erfolgen muss. Dieses hänge von einer Reihe von Faktoren ab, neben der Epidemiologie auch von der Organisation und Durchführung der Programme sowie einer ausreichend hohen Beteiligung der Zielgruppe. Bei der Umsetzung seien zudem die verfügbaren Diagnose-, Behandlungs- und Nachsorgedienste in den Blick zu nehmen.

Europäische Kommission nicht ganz zufrieden

Die Europäische Kommission hat die Verabschiedung der Ratsempfehlungen zur Krebsfrüherkennung grundsätzlich begrüßt. Sie hätte sich aber mehr gewünscht. In einer Protokollnotiz kritisiert sie, dass der Umfang der empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen durch die Länder eingeschränkt worden ist. So wäre es insbesondere besser gewesen, die breitere Altersspanne für das Brustkrebs-Screening und den Verweis auf den Grad der Wirksamkeit von Lungen- und Prostatakrebs-Screening beizubehalten. Die Mitgliedstaaten konnten sich allerdings nur darauf verständigen, die geltende Altersspanne für Frauen vom 50. bis zum 69. Lebensjahr für die Früherkennungsuntersuchung der Brust zu empfehlen. Bei der Wirksamkeit der Früherkennung auf Lungen- und Prostata- sowie unter bestimmten Umständen auch für Magenkrebs sei nach Einschätzung der Mitgliedstaaten die notwendige Evidenz nur in begrenztem Umfang gegeben.