Revision der Arzneimittelgesetzgebung – Einblicke in komplexes Vorhaben
Arbeitsentwürfe geben erste Einblicke
CC – 02/2023
Mit dem Legislativvorhaben zur
Arzneimittelrevision, das am 29. März vorgestellt werde soll, zielt die
Europäische Kommission darauf ab, den Zugang, die Verfügbarkeit und die
Bezahlbarkeit von Arzneimitteln zu sichern bzw. zu verbessern. Laut Europäischer
Kommission soll ein ausgewogenes und wettbewerbsfähiges System geschaffen
werden, das Arzneimittel für die Gesundheitssysteme erschwinglich hält und
gleichzeitig Innovationen fördert.
Entwurfsfassungen der Arzneimittelrevision
Rund zwei Monate vor der offiziellen
Veröffentlichung sind Arbeitsentwürfe und Begleitdokumente an die
Öffentlichkeit gelangt. Sie wurden nicht offiziell von der Europäischen Kommission
veröffentlicht, da die internen Beratungen noch immer nicht abgeschlossen sind.
Die Inhalte können sich deswegen bis zur offiziellen Veröffentlichung noch
ändern. Erste Einblicke in das Vorhaben erhält man dennoch.
Zwei neue Arzneimittelgesetze - Eine Verordnung und eine Richtlinie
Mit der Revision sollen zwei neue
Arzneimittelgesetze entstehen. Zum einen wird die Richtlinie zur Schaffung
eines Unionskodexes für Humanarzneimittel völlig neu gefasst. Zum anderen sollen die fünf bestehenden
Verordnungen – Festlegung von Unionsverfahren für die Genehmigung und
Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen
Arzneimittel-Agentur sowie zu neuartigen Therapien, klinischen Prüfungen,
Kinderarzneimittel, Arzneimittel für seltene Leiden - in einem Legislativtext
zusammengeführt werden.
Verkürzung von Marktexklusivität
Die
Marktexklusivität von Arzneimitteln soll nach den ersten Überlegungen der
Europäischen Kommission verkürzt werden, beziehungsweise im Einzelfall
zumindest an Bedingungen geknüpft werden. Wenn Medikamente in allen 27
EU-Mitgliedstaaten auf den Markt gebracht werden, ungedeckte medizinische
Bedarfe (UMN) erfüllen oder strenge klinische Studien mit Vergleichstherapien
durchlaufen, dann gibt es zusätzliche Zeiten der Marktexklusivität. Auch für
Orphan Drugs – also Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen – soll die Schutzfrist
auf 9 Jahre verkürzt werden, es sei denn hier werden spezifische Bedingungen erfüllt.
Lieferengpässe
Um Arzneimittelengpässe zu vermeiden, sollen
die Arzneimittelhersteller einen „Shortage Prevention Plan“ erstellen. Im Falle
einer drohenden Unterbrechung der Versorgung sollen sie die EU-Mitgliedstaaten
so schnell wie möglich informieren, mindestens aber sechs Monate im Voraus. Darüber
hinaus soll es eine Liste mit für die Versorgung kritischen Arzneimitteln geben.
An die auf der Liste stehenden Arzneimittel sollen Melde- und
Informationspflichten für Mitgliedsstaaten und Hersteller geknüpft werden, um
Engpässe transparent zu machen und Gegenmaßnahmen zu ermöglichen. Zudem plant
die Europäische Kommission als Lehre aus der COVID-19 Pandemie eine Regelung zur
Aussetzung des Patentschutzes bei einer öffentlichen Gesundheitsnotlage.
Antimikrobielle Resistenzen
Um Anreize bei der Herstellung von Antibiotika
zu setzen, plant die Europäische Kommission die Einführung von übertragbaren
Exklusivitätsgutscheinen (auch Voucher oder TEE – Transferable Exclusivity
Extension genannt). Der Voucher soll die Schutzfrist eines Arzneimittels um ein
Jahr verlängern und der Entwickler des neuen Antibiotikums kann ihn einmalig
auf ein Arzneimittel seiner Wahl anwenden, welches eine zentrale Marktzulassung
besitzt. Der Voucher soll auch an ein anderes Pharmaunternehmen verkauft werden
können.
Neben diesen Maßnahmen plant die Europäische
Kommission unter anderem neue Regelungen in den Bereichen Beipackzettel,
Verpackungen, Forschungstransparenz, Reorganisation der Europäischen
Arzneimittelagentur (EMA). Die DSV hatte sich bereits in ihren Feedbacks zur Arzneimittelrevision und zur Arzneimittelstrategie positioniert“.
Mit Spannung wird der offizielle Vorschlag der Europäischen Kommission nunmehr Ende
März erwartet.