Bericht zur Zukunft des Sozialschutzes und des Wohlfahrtsstaates in der EU
Hochrangige Expertengruppe stellt Empfehlungen vor
VS – 02/2023
Im
Rahmen des Aktionsplans zur Europäischen Säule sozialer Rechte hat die Europäische
Kommission die Einrichtung einer hochrangigen Expertengruppe angekündigt, die
die Zukunft des Wohlfahrtsstaates, seine Finanzierung und die Zusammenhänge mit
der sich verändernden Arbeitswelt und der des Klimawandels untersuchen soll.
Diese im November 2021 eingerichtete Gruppe unter dem Vorsitz der ehemaligen
griechischen Ministerin und EU-Kommissarin für Beschäftigung, Soziales und
Chancengleichheit, Anna Diamantopoulou, hat am 7. Februar ihren Abschlussbericht vorgestellt. Darin unterbreiten
die Verfasserinnen und Verfasser 21 Empfehlungen, die sich um neun strategische
Ziele für einen integrativen Sozialschutz über den gesamten Lebensverlauf
gruppieren.
Auswirkungen von Megatrends auf den Sozialschutz
Aufgabe
der Expertengruppe war, die erwarteten Auswirkungen von Megatrends wie den
demografischen Wandel, die Transformationen auf dem Arbeitsmarkt, die
Digitalisierung und Globalisierung sowie das Aufkommen neuer Risiken im
Sozialschutz, mit Blick auf den Klimawandel und den Green Deal, zu analysieren.
Darauf aufbauend sollte die Gruppe Empfehlungen für die Gestaltung und den Umfang der
Sozialschutzsysteme sowie deren Finanzierung entwickeln.
Sozialschutzpolitik in einzelnen Lebensphasen
Der
Bericht stellt die Lebensabschnitte der EU-Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt seiner sozialpolitischen
Überlegungen. Dabei wird zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen in
unterschiedlichen Lebensphasen unterschieden. Dies ermöglicht zu definieren,
welche Kombination von Sozialdienstleistungen, Einkommensunterstützung und
unterstützenden Regelungen erforderlich ist, um einen wirksamen Sozialschutz
und Wohlstand über den gesamten Lebensverlauf zu erreichen. Im Bericht wird
betont, dass einige Herausforderungen in allen Lebensabschnitten wichtig sind,
so beispielsweise im Krankheitsfall versorgt zu werden. Jedoch variieren die
meisten Bedürfnisse je nach Lebensphase und erfordern entsprechende
zielgerichtete Sozialschutzpolitiken.
Starting Strong: Teilhabe ab Kindheitsphase
Unter
dieser Überschrift wird im Bericht der langfristige Nutzen betont, wenn schon
in der frühen Kindheitsphase sowie in der anschließenden schulischen Phase
massiv in soziale Kohäsion und Bildung investiert wird. Möglichst gute Bildungs-
und Teilhabechancen für alle Kinder und Jugendlichen sind wesentlich, um
Wohlstand und Sozialschutz auch in Zukunft zu sichern. Gleichzeitig leisten frühzeitige
Interventionen auch einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung des
Generationenvertrags. Die Jungen profitieren von den Investitionen in soziale
Teilhabe und Bildung. In ihrer Erwerbsphase tragen sie dann die
Sozialschutzleistungen für ältere Menschen.
Die Finanzierung von Sozialinvestitionen
Aufgabe
der Expertengruppe war auch, sich mit der nachhaltigen Finanzierung des
Sozialschutzes zu befassen. Im Bericht wird dabei die Bedeutung von
kontinuierlichem Wachstum und höheren Erwerbsquoten insbesondere von älteren Menschen
hervorgehoben. Wobei keine Empfehlung für eine pauschale Erhöhung der
Regelaltersgrenze vorgeschlagen wird, sondern die Bedeutung integrativer
Arbeitsmärkte sowie von Prävention betont wird.
Überarbeiteter Rahmen für die Maastrichtkriterien
Für
die europäische Ebene wird ein überarbeiteter Rahmen für die Maastrichtkriterien
zur Staatsverschuldung vorgeschlagen. Danach sollen die Aufwendungen für
soziale Investitionen nicht mehr im Rahmen eines Defizitverfahrens
berücksichtigt werden. Die anwesenden Sozialminister aus Spanien, José Luis
Escrivá, und Belgien, Frank Vandenbroucke, haben in der Diskussion diesen
Aspekt aufgenommen. So soll unter den kommenden Ratspräsidentschaften von
Spanien, im zweiten Halbjahr 2023, und Belgien, im ersten Halbjahr 2024, die Europäische
Kommission und die zuständigen Ausschüsse der Mitgliedstaaten an Definition und
Operationalisierung von Sozialinvestitionen arbeiten.